05.03.2022

Omas Kartoffelsuppe - zur Taufe reloaded...

Die Suche nach Oma Liesbeths viel gelobtem Kartoffelsuppenrezept gestaltet sich schwierig! Geben wir es zu - es ist im Original nicht mehr überliefert. 

Das nachstehende, einem der damals noch als linksintellektuell geltenden Wochenzeitschrift "Stern" angepasste Rezept, das von uns anlässlich Rheas Taufe gekocht worden war, fand aber sowohl großzügiges Wohlwollen des Großvaters als auch der Großmutter  -  ein Phänomen, mit dem man durchaus nicht immer rechnen konnte. 

So kann man vielleicht zumindest sagen: diese Zubereitung ist von Oma "autorisiert"?

Überhaupt ist Rheas Tauffest beiden immer in schöner Erinnerung geblieben.



Tauf-Buffet und vermeintliches Luther-Zitat. Besagte Kartoffelsuppe im Topf mittig.


Zutaten

  • "Suppenhuhn" (2 Mini-Hähne)
  • 2 Bund "Suppengrün" (Möhrchen, gelbe Karotte, Selleriestückchen, ca. 5 cm Porree und Petersilienwurzelstummel am verwelkenden Petersilienblatt)
  • 1/2 Sternanis
  • 1 kg mehlige Kartoffeln
  • 2 Eigelb
  • 1 große Zwiebel
  • etwas Knoblauch
  • Ingwer
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 TL Kümmel, gemörsert
  • 2 EL Butter
  • 125 ml Sahne
  • Garnelen oder Krabben
  • Dill, feingehackt
  • Petersilie, feingehackt 
  • ganze Pfefferkörner
  • Bordeaux, wenn er noch rumsteht

Zubereitung

1) Suppenhuhn waschen. Das Suppenhuhn, von dem die alten Rezepte sprachen, ist heute eigentlich nicht mehr erhältlich. Es war die Art abgehalfteter Hahn, von dem wir im Märchen hörten, dass er sich mit Esel, Hund und Katze auf den Weg nach Bremen gemacht habe um zu musizieren. Heute wäre er schon als Ei geschreddert worden, weil Männchen nicht genügend Brustfilet anbieten. Erfreulicherweise gibt es inzwischen Produzenten, die Gockel wieder ein wenig leben lassen - die sind dann ideal für die Suppe

2) Suppengrün kleinschneiden

3) Gemüse mit Sonnenblumenöl anrösten und mit drei Litern kaltem Wasser aufgießen, Hähne halbieren und hineingeben, etwas Salz dazu und vorsichtig aufkochen lassen, bis das Wasser leicht sprudelt

4) Beim Aufkochen bildet sich Schaum vom Eiweiß des Hahnes, diesen mit einem Schaumlöffel abheben. Dann Pfefferkörner, Lorbeer und Sternanis dazugeben. 
Eine Stunde bei möglichst geringer Hitze köcheln lassen 

5) 
Inzwischen die Kartoffeln schälen und in Würfel (1cm x 1cm x 1cm) schneiden

6) Ingwer raspeln,  Zwiebeln in kleine Würfel schneiden, Knoblauch kleinschneiden, Kümmel mörsern

7) Suppe durch ein Sieb gießen und Hahn herausnehmen (Man kann mit dem inzwischen leider ziemlich geschmackfreien Fleisch - die Aromen sind ist ja nun erwünschtermaßen in der Suppe - unter Beimengung kräftiger Gewürze später "Hühnerfrikassee" machen)

8) Lorbeer und Anis aus dem Resten herausfriemeln und entsorgen, das verbleibende Gemüse durch ein Sieb oder eine Flotte Lotte streichen. Nicht mit dem Pürierstab arbeiten, das wird zu klebrig

9) Kartoffeln, Zwiebel, Knoblauch und Ingwer mit Butter anrösten. Mit Hühnersuppe aufgießen, gelottetes Gemüse dazu - salzen, köcheln lassen.
Kümmel im Mörser zerstoßen, dazugeben; weiter köcheln lassen



Taufankündigung mit verbürgtem Luther-Zitat (1521):
"Wenn die Gnade wirklich ist, dann muss sie auch wirkliche Sünden aufheben: Sei also ein Sündiger und sündige stark!"


11) Die grundsätzliche Frage ist nun, ob man die Suppe darüber hinaus noch irgendwie "binden" muss, will oder soll. Ich denke, dass durch das Pressen und  / oder Pürieren des Gemüses schon genügend Sämigkeit erreicht ist und auch Oma Liesbeth es dabei belassen hätte. Vielleicht hätte sie noch mal mit einer Kartoffelpresse alles etwas "vermanscht".

In der Hochküche würde man alles durch ein Sieb "passieren". Pürieren mit einem Zauberstab geht auch, wenn die Substanz flüssig ist. Sollte sie schon gebunden sein, vom Pürierstab jedenfalls Abstand nehmen

10) In der Sahne-verliebten Zeit der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts 
allerdings, als es noch Sahne- und Butterberge gab,  hat man immer noch gern ein bisschen ein Fett dazu gegeben - mit dem Argument, es sei ein "Geschmacksverstärker", was freilich stimmt

11) In diesem Sinne würde auch angebratener Speck als Zugabe Freude machen (Variante "Finkenwerder")



Taufgemeinde vor der Stadtkirche Dorotheergasse mit dem späteren Superintendenten Hermann Miklas

12) Mit Salz, Majoran und einem Spritzer Orangensaft abschmecken

13) Zu Rheas Taufe hatten wir als pescatorische Beigabe eine Obers-Garnelen-Garnierung in die Suppe montiert (die muss freilich nicht sein! Den frischen Großeltern hatte aber glaub ich gerade das so gut geschmeckt!). 
Dazu geschälten Ingwer sehr fein reiben, diesen in einem weiteren Topf in erhitzter Butter kurz angedünstet. Dann mit Schlagsahne aufgießen, und kurz erhitzen

14) Dill und Petersilie fein hacken. 

15) Wenn Garnelen verwendet werden - wie immer in geknoblauchtem Olivenöl kurz von beiden Seiten anrösten. Nordseekrabben nur auspulen und zum Schluss dazugeben

16) In den Obers hinein das Krabbenfleisch (oder die gerösteten Garnelen) - nichts soll aber mehr kochen, nur warm werden!

16) Suppe v
on der Kochstelle nehmen, etwas abkühlen lassen und mit zimmerwarm gerührten Eigelb verrühren. Das ist dann die maximal mögliche Bindung :-)

17) Ingwer-Krabben-Sahne in Suppe geben, durchziehen lassen.



Oma füttert Rhea am Tag nach der Taufe mit HiPP. Kartoffelsuppe war noch zu scharf!


18) Suppe in Tassen geben, mit Dill und Petersilie bestreuen. Fertig! 


Eltern mit Täuflingin. Goldenes Deko im Hintergrund übrigens ein Koreanischer Kampfdrachen

Das ganze Rezept geht natürlich auch mit meiner Gemüsesuppe als Grundlage und ist dann gänzlich vegetarisch! 

Und auch ohne Sahne und Eilegierung. Dann mehr Kartoffeln oder anderes Gemüse - z. B. Rosenkohl - mitkochen. Wenn zu sämig, habe ich als Verdünnung gern auch schon mal Bordeauxreste zugegeben. Schmeckt super! 

Crunchiges drüber? Kross angebratenen Schwarzwaldschinken oder Croutons wären klassisch. Geröstete Körner (Gehäutete Sonnenblumenkerne angeröstet, Buchweizen gepoppt) kann ich mir gut vorstellen.