07.05.2022

Rhabarberkuchen - Erinnerung an Dangast

Im Sommer gings ins Dangaster Kurhaus. Das waren hin und zurück wohl durchaus jeweils 50 km mit dem Fahrrad, aber auch bei Gegenwind war es mir und meinen Freund:innen die Mühe wert, um dort am schlickigen Strand viele Sommersonnabende zu verbringen.



Am Strand vorm Kurhaus Dangast: Menu

Immer wieder zieht es mich über den Weg von Varel, vorbei an dessen kleinem pittoreskem Hafen (dort Fischbrötchen bei Wilters! am Siel), zur Dockschleuse und dann entlang des Deichs mit seinen Schafen auf den  Geestberg, wo in einem kleinen Wäldchen die Expressionisten ihr "Künstlerdorf" errichtet hatten.




Neben dem obligatorischen Jever, am besten Maibock, gehörte der Rhabarberkuchen mit Eischneeschicht zum notwendigen Genuss am schlammigen Watt mit dem Riesenphallus.

Die Geschichte des Kuchens beschreiben die Tapkens, die das Kurhaus von jeher bewirtschaften, selbst so:

"Abends im Bett schnappte sich Ulrike das Backbuch und suchte sich, was ... sie jetzt backen könnte, wir hatten ja keinen Rhabarber mehr. Mensch, ich sach haben wir jetzt nichts anderes zu tun, heute Abend … Ist ja in Ordnung, ich will mich auch nicht ausschließen, dann lese ich mal durch, was Johnny Oltmann, der Lieferant, in Jever, was der so anbietet.

Ich dachte, vielleicht Stachelbeeren oder sonst was, und ich les dann das so durch, und dann stand da unten: Rhabarber zehn Kilo. Ich sag, Du pack das Backbuch weg, Johnny bietet Rhabarber an. Ich ruf ihn nächsten morgen an und sach: Johnny, Du hast ja Rhabarber zu verkaufen. - Ne, wat wollt ihr denn damit? - Ja, Kuchen backen. -  Dat heb ich ja überhaupt noch nicht gehört, dat sauren Zeug machst du Kuchen von. - Ja, von den sauren Zeug mach ich Kuchen. - Ja, hab ich überhaupt nech. - Aber hast du in deinem Ordersatz stehen. - Jam da muss ich auch was reinschreiben, so ein großes Sortiment habe ich ja auch nech. (lacht) Hat er einfach reingeschrieben... Ja, wie viel brauchst du denn? - Ja, über den Winter hin 20 Zentner könnten wir noch gebrauchen … Dann hat er in Belgien oder in Holland, ich weiß es gar nicht, eine ganze Palette geordert, und die haben wir immer so abgerufen, wenn wir die brauchten, so kam das …“

             Quelle: http://kurhausdangast.de/der-rhabarberkuchen/

Backen ist ja nicht so mein Ding, aber nach einigen Versuchen erscheint mir diese Variation des Rezepts von Lisbeth auch im Gasbackrohr realisierbar. 

Den Genuss vom Verzehr am Strand allerdings ersetzt auch das beste Rezept sicher nie.

                                                                    

Der Teig ist natürlich mit "viel guter Butter"!


Zutaten (für das transportable Blech)

  • 250g Butter
  • 220g braunen Rohrzucker
  • 200g Puderzucker
  • 1 TL Vanillezucker
  • 1 Prise Salz
  • 1 TL Natron mit etwas vom Rhabarbersaft oder 1 TL Backpulver
  • 250g Mehl glatt
  • 9 Eier: (3 ganze, 6 Eiweiß, 4 Eigelb)
  • Safranfäden
  • 2 Pakete Rhabarber


Zubereitung

1) Rhabarber am Ende etwas einschneiden oder abbrechen und so die Schale abziehen. Das muss man nicht zu penibel machen. Dann in ca 2,5 cm große Rauten schneiden, in einer Schüssel mit Zucker überstreuen und zur Seite stellen. Das Gemüse zieht dabei ein bisschen Saft, den wir später noch brauchen werden.


2) Butter in kleine Stücke schneiden und portionsweise mit jeweils einer Portion Rohrzucker in der KitchenAid mit dem Schneebesen schaumig rühren.

3) 3 ganze Eier und 4 Eigelb, nicht alle auf einmal!, sondern in gebührendem zeitlichem Abstand nach und nach hineingeben und einrühren.

4) Derweil den Backofen auf ca 60 Grad anheizen und den Safran in einem kleinen Gefäß ca. 5 Minuten anwärmen. 

5) Safran mörsern.

6) Rhabarber absieben und den Saft beiseitestellen.

7) Safran mit 1 EL vom sauren Rhabarbersaft verrühren.

8) Mehl, Natron (ersatzweise 1 TL Backpulver - der braucht keine zusätzliche Säure, um seine Wirkung zu entfalten) dazugeben und einrühren. Auch den Safransaft hinein geben.

9) Wie zu allem, was gebacken wird, eine Prise Salz dazu.

10) Rühren bis ein lockerer schaumiger Teig entsteht.


11) Backrohr auf 180 Grad hochheizen, das entspricht bei meinem Ofen der Marke ca 220°C.

12) Das Backblech mit Backpapier auslegen - so, dass es ein wenig übersteht und man den fertigen Kuchen später gut damit aus dem Blech herausheben kann.

13) Teig mit einer Spachtel gleichmäßig auf den Boden streichen.

14) Wenn man darüber nun etwas Tortengusspulver (Tortengelee) streut, verhindert das, dass der Teig vom austretenden Saft durchnässt wird. Stärke ginge ersatzweise auch.


15) Dann mit den abgetropften Rhabarberstücken belegen.

16) Für ca 30-35 Minuten in den Ofen (oberste Schiene).

17) 6 Eiweiße mit Puderzucker steifschlagen. Ist kein Puderzucker im Haus, geht das auch mit normalem weißen raffinierten Zucker. Dann wichtig die Probe mit Zeigefinger und Daumen: es dürfen am Ende keine Zuckerkristalle mehr spürbar sein! 

18) Wenn der Teig durch ist (oben nicht mehr flüssig, Nadelprobe), aus dem Rohr nehmen.

19) Etwas auskühlen lassen und dann mit der Eiweißmasse bestreichen.


20) Wieder in die oberste Schiene, etwa heißer stellen. Nach ca 5-10 Minuten sollte die Baiserhaube knackig sein. Kontrollieren, ob der Boden unten nicht zu dunkel wird (das Gasofendilemma!), evtl. Hitze reduzieren.

21) Wenn die Baiser-Schicht gut aussieht (fest und oben etwas angebräunt) - nicht sofort aus dem Ofen nehmen, sondern bei leicht geöffneter Tür noch 10 Minuten in Frieden lassen.


21) Man kann dann noch mit dem Bunsenbrenner nachhelfen, wenn die Schicht nicht bräunlich genug ist oder man noch Struktur in die Oberfläche (Wellen o. ä.) modellieren will. In Wirklichkeit hat man aber nun schon Hunger, und es riecht so verführerisch gut, dass man zuschlagen muss.


 
Der Autor vorm Phallus des Künstlers Eckart Grenzer, der bei seiner Errichtung 1984 doch einige Zeitgenoss:innen verstörte. 

Noch warm essen! Schlagsahne hilft.