15.11.2022

Gnocchi mit 3-Käsen-Soße

Jori berichtete von seinem diessommerlichen Kurzurlaub in Grado, dass er "Gnocchi mit vier-Käse-Soße" gegessen und diese ihm sehr gut gefallen habe. 

Herausforderung genug, die Speise, von der ich allerdings den Verdacht habe, dass sie in der Version "quattro formaggi" eher tourismusindustriellem Ursprungs ist, nachzuempfinden. Wohl mag Pizza mit vier nebeneinander drapierten Käsesorten sinnvoll sein. Doch miteinander in einer Soße verschmolzen werden sie sich geschmacklich gegenseitig erschlagen oder neutralisieren. 

Desungeachtet empfehlen "Original-Rezepte" im Netz die Kombination von Gorgonzola, dann Pecorino oder Parmesan, häufig Emmentaler, seltener Mozarella. Was auch immer man mischen möge, geschmacklich wird Gorgonzola jedenfalls dominieren. 

Und der Teig für die Gnocchi? Anders als bei Kartoffelklößen oder meinetwegen "Erdäpfelknödeln" lassen wir im Falle der Zubereitung von Gnocchi die Beigabe von Ei gerne zu. 

Dabei übertreffen sich die Kochbuchautor*innen freilich: meist liest man von einem Ei und einem Eigelb auf ein kg Kartoffeln. Claudio Pecorari nimmt für 3 ca. 10cm lange Kartoffeln und 300-400g Mehl 2 ganze Eier. Den mir bekannten Rekord hält Vincent Klink (2010): bei ihm kommen auf ein Pfund Kartoffeln und 4 EL Mehl deftige 5 Eigelbe (immerhin nur in Größe S oder M). 


Gnocchi tri formaggi - einmal angeröstet in Butter (re.), einmal pur (li.)


Allerorten macht man Gnocchi mit Mehl. Nur von Venedig, und da ist besagtes Grado ja nicht weit von weg, hört man, dass hier stattdessen lieber Weizengrieß verwendet wird, da dieser früher preiswerter gewesen sei - das Produkt dieser cucina povera waren dann gnocchi di semolino: 2 Eier kommen - Sievers (2019) zufolge - dabei auf 125g Grieß, 40g Butter und - holla, die Waldfee! - 500ml Vollmilch? Also ein ganz anderes Gericht... 

Unsere Versuche bleiben beim Mehl und gehen von Cornelia Polettos Video aus der Lockdown-Zeit 2021 aus. So schmeckt's uns.


Zutaten für die Gnocchi 

  • Mehlige Kartoffeln - so viele, dass sich am Ende daraus gepresst 450g Masse ergeben (ca 750g)
  • 70g Mehl (doppelgriffig, wenn im Haus, sonst griffig)
  • 50g Kartoffelstärke
  • Muskat, Salz, weißer Pfeffer
  • 1 Ei


Zutaten für die Soße 

  • 60ml Sauvignon Blanc oder Gemüsebrühe (dann einen Spritzer Zitrone dazu!)
  • 200ml Sahne
  • 120g Gorgonzola dolce (große Stücke)
  • 60g Gruyère oder Emmentaler (geschnitten)
  • 80g Pecorino (dünn geschnitten), alternativ Parmesan
  • 1 Messerspitze Pfeilwurzelstärke (letztere muss nur kurz aufköcheln), alternativ 3g Kartoffelstärke (die etwas länger köcheln muss)
  • weißer Pfeffer


    Zubereitung

    1) Backblech mit grobem Salz bestreuen und Herd auf 250 Grad aufheizen

    2) Kartoffeln auf das Salzbett legen und ca 1 Stunde backen, bis sie durchgegart sind (Messerprobe!)



    Das grobe Salz fürs Salzbett lässt sich - nach dem Gebrauch in einer Dose gelagert - jederzeit wieder verwenden


    3) Etwas ausdampfen lassen, aber noch heiß halbieren und mit einem Löffel aushöhlen. Masse in eine Schüssel geben und noch warm durch eine Kartoffelpresse quetschen




    4) Mit Kartoffelstärke, Mehl, Salz, Pfeffer und Muskat vermengen, das gequirlte Ei einmassieren und zu einer großen Kugel kneten. Gnocchi-Spezialist*innen betonen, man solle den Teig nicht rasten lassen, sondern sofort weiter verarbeiten 

    5) Den Teig vierteln und jeweils auf Mehl zu einer Rolle von ca 1,5cm Durchmesser rollen, zerschneiden und  auf etwas Mehl mit einer großen Gabel, die man immer wieder in etwas Mehl paniert, so markieren, dass ein Streifenmuster auf einer Seite der Gnocchi entsteht. Man kann auch das Rigagnocchi nutzen, das wir aus unserem Rezept für Garganelli kennen, und den Teig darüber rollen. Jedenfalls bestehen wir auf Rillen im Klößchen - denn diese sorgen dafür, dass die Soße besser anhaftet




    6) Etwas rasten lassen

      Zubereitung 

      1) Brühe/Wein mit Sahne gut verrühren, Stärke zugeben und vorsichtig aufkochen. Die Stärke bewirkt, dass sich die Bestandteile nachher besser vermengen. Wir kennen das vom Käse-Fondue... Das Ganze gelingt am besten in einer weiten Teflon-Pfanne

      2) In Stücke geschnittenen Gorgonzala mit Schale und dünn geschnittenem Pecorino und Emmentaler dazugeben und langsam über wenig Feuer schmelzen lassen. Käse nicht wie Parmesan reiben, dann würde das Ganze grisselig werden. Keine Ahnung, warum das so ist, aber so ist das mit der Empirie! 

      3) Mit gediegen weißem Pfeffer und etwas Muskat würzen. 

      4) Immer mal wieder umrühren und ca 5 Minuten bei niedriger Hitze reduzieren. Säure kontrollieren. Wenn nötig kalte Milch unterrühren, um die Konsistenz zu verflüssigen. (Letzteres z. B. dann, wenn von der Soße etwas übrig geblieben ist. Die kann man nämlich dann einfach im Kühlschrank aufbewahren, wo sie dann hart wird. Zu neuerlicher Nutzung in einer Teflonpfanne mit Milch langsam erwärmen.)

      5) Erst wenn die Soße nahezu fertig ist, die Gnocchi ins Wasser werfen.

      Fertigstellung 

      1) Gnocchi in simmerndes Salzwasser geben. Die Gnocchi senken sich ab. Damit sie auf dem Topfboden nicht ankleben, anfangs kurz schwenken

      2) Nach 2-3 Minuten steigen die Gnocchi auf. Noch kurz oben schwimmen lassen, dann aus dem Wasser heben, kosten, ob die Konsistenz passt - und in einem Sieb kurz abtropfen lassen

      3) In einer großzügigen Portion Butter in einer beschichteten Pfanne von beiden Seiten gut anbräunen. Das kann man auch lassen und die Gnocchi klassisch direkt aus dem Wasser servieren, doch ich bevorzuge den Biss der angerösteten Gnocchi, die dann freilich an Bratkartoffeln erinnert. Jori mag es lieber pur

      4) Aus der Soße die Rindenstücke des Gorgonzola pfriemeln - oder drinnen lassen. Servieren

      Verträglicher wird die Speise durch Zugabe von sauren Äpfeln und bitterem Radicchio treviso oder Chicoree entweder als Salatbeilage oder sogar - angeröstet über die Speise gestreut. 

      Wenn man eine Portion Gnocchi einfriert, zunächst einzelne Gnocchio nebeneinander anfrieren und dann in eine Tüte geben oder vakuumieren. Zur späteren Zubereitung nicht auftauen, sondern im gefrorenen Zustand ins köchelnde Wasser geben. 

      Ach ja - und um die Verwirrung zu perfektionieren: Ein gewisser Claudio del Principe beteuert in seinem ansonsten sehr geschmackvoll konzipierten Buch: "Die Kunst besteht darin, den Teig ohne Zugabe von einem Ei ... zu formen. Nur so gelingen luftige Gnocchi" (S. 234). Er meint aber auch: "Die schlimmste Unsitte außerhalb Italiens ist aber, sie nach dem Kochen zu braten" (S. 235). Naja...





      Quellen 

      Del Principe, Claudio (2019). a mano -Verführerische Pasta. Von Hand gemacht. Sinnlich und schön. Aarau, München: atVerlag

      Klink, Vincent (2010). Meine mediterrane Küche. München: Gräfe & Unzer, S. 81.


      Sievers, Gerd W. (2019). la cucina veneziana. Wien: Braunmüller, S. 55f.

      Slow Food Edition (2013). 100 Originalrezepte Osterie d'Italia. München: Christian Verlag, S. 194.

      Das Rezept für Pecoraris angeblich "legendären" Gnocchi findet sich in: Clark, Maxine (2002).
      Kochkurs für Feinschmecker: Italien.  München:  Christian Verlag, S. 82