18.05.2023

Forellen als Brathering

Das im Folgenden Beschriebene hat Mutti immer mit den "grünen Heringen" gemacht, wenn nach dem Mittagessen manchmal (selten genug!) welche übrig geblieben sind. Grün werden Heringe, wenn man sie in einer beschichteten Pfanne gut anbrät, wendet, Eier draufhaut, kurz Deckel drauf. Grün!

Wir nutzen Muttis Verfahren zur Verarbeitung der bekanntermaßen punktuell im Übermaß in unserem Haushalt anfallenden Salmoniden. Zielprodukt ist so etwas wie der in Konserven so beliebte "Brathering in fein gewürzter Marinade" - nur nicht so verzuckert wie in diesen industriell gefertigten Dosen.



Fein gewürzte Marinade - Fische in fein gewürzter Marinade - Fisch in fein gewürzter Marinade in Zellophandose

Zutaten

  • Forellen, sehr viel lieber allerdings Heringe - letztere sind in Wien allerdings nur fallweise erhältlich - "grün"
  • Essig, genausoviel Wasser
  • 2 Zwiebeln, geschält, in Scheiben
  • Pfefferkörner, Koriandersamen, Salz, Lorbeerblatt
  • wenn da: Dill; wenn nicht: kein Dill

Zubereitung

1) Alle Bestandteile (bis auf den Dill) der Marinade in die Pfanne geben, in der der Fisch gebraten wurde.

2) Einkochen, solange bis die Zwiebeln glasig sind. Zum Schluss Dill rein. In der Pfanne etwas abkühlen lassen.

3) In eine Glasschale gießen und Fische darin einlegen. 

4) Folieren, dann ab und zu wenden. Fertig!


14.05.2023

Vegetarischer "Rumfort"-Fond

Bereits ganz zu Beginn dieses Blogs - bei unseren Ausführungen zur Tomatensuppe - sprachen wir vom selbst gemachten vegetarischen Gemüsefond.          

Und dem Credo der Sterneköche, dass es keinen Küchen-"Abfall" gäbe, sondern alles, was "rum"liegt, in die Brühe "fort"kommen solle. 



Klassische Rumfort-Bestandteile: von li. oben nach re. unt.: Wacholderbeeren, Schwarzer Kardamom, Abschnitte von Möhrchen, Fenchel, Knollensellerie, Bleichsellerie, Zucchini, Rosmarin, Thymian, Salbei, Tomaten, Zwiebel, Knofel, Pfefferoni - hier saisonbedingt auch Spargel. Als Deko noch ein Paar Erbsen dabei.

"Rum-fort" ist natürlich eine Verballhornung von "Rumfor-d": 

Sir Benjamin Thompson, in Amerika geborener Count of Rumford (1753-1814), - guter Mann! - erfand allerlei Physikalisches, auch Küchenmaschinen. Und um das Leben der Soldaten Ende des 18. Jahrhunderts erträglicher zu machen - ein Motiv, das uns zwiespältig scheint, aber immerhin - gründete er Armenhäuser für deren Witwen, Schulen für deren Waisen und gelangte so zum Ruf eines Sozialreformers. Seine wärmespeichernden Unterhosen hätten es nicht zu großem Ruhm gebracht - aber doch jene nahrhafte Graupen-Erbsen-Kartoffel-Suppe, die posthum mit seinem Namen geehrt worden ist, die Rumford-Suppe - deren Ruf hat die Jahrhunderte überdauert.

Uns geht es aber statt ihrer um den Rumfort-Fond, den wir ausschließlich aus veganen Resten herstellen wollen: Die Darstellung von Resteverwertung zur Produktion einer schmackhaften Grundlage für Suppen, aber vor allem auch zum Dünsten von Getreideprodukten, die vegetarisch bleiben sollen ("Risotto", Bulgur, Buchweizen oder anderlei pikanter "Grütze") liegt vor uns. Statt den für diese Zwecke klassischen Hühnerfond zu nutzen, wollen wir konsequent bleiben!

Das ist nun auch nicht sonderlich kompliziert - tatsächlich schmeißen wir einfach alle Abfälle, die beim Kochprozess entstehen - Zwiebel-, Möhrchen- und Knollensellerieschalen, Abschnitte von Bleichsellerie, Fenchel, zerquetschte Knoblauchzehen, Kräuterstängel, Tomatenschalen, what so ever! - in dimmendes Leitungswasser. 

Immer mehr während des Kochprozesses anfallender Abfall kann so während des gesamten Kochtages ins Wasser und vor sich hin simmern. Frischwasser muss natürlich hier und da immer wieder zugegeben werden, wenn die Suppe zu dick wird.

Am Abend wird der entstandene Fond, leicht dunkel, freudig durch ein Sieb abgegossen, das Gemüse nun wirklich endgültig dem Biomüll gewidmet - und die verbleibende Flüssigkeit im Kühlschrank zwischengelagert. 

Das nächste mal, wenn gekocht wird, kochen wir diese "Erstbrühe" in einem großen Topf kurz auf - und fügen wieder auftretende Abschnitte hinzu, die bei der vorstellbar kleinsten Hitze weiter gewärmt werden. 

Und immer so weiter - ewig grüßt das Murmeltier!


Zutaten

  • Was an Gemüse, Kräuterstängeln, Schalen und Abschnitten eben abfällt...
  • Wasser
  • Pilzabschnitte (zwecks Umami)
  • schwarzer Kardamom
  • Pfeffer, Wacholder
  • immer etwas Salz
  • Sophie Gordon empfiehlt in ihrem sehr anregenden, schön bebilderten veganen Kochbuch: "Nicht auf Gemüse beschränken, sondern auch Obstabschnitte (besonders Kerngehäuse von Äpfeln/Birnen) in die Brühebox geben. Sie sorgen wie Karotten für eine süßliche Note (S., 352).


Zubereitung


1) Darüber ist eigentlich oben alles gesagt.

2) Eine kleine Menge Salz am Anfang dazu geben, hilft, dass die Aromate des Abfalls "ausgesogen" werden. Aber Vorsicht walten lassen, es wird hier nur die diffundierende Funktion des Salzes gewollt - es soll nicht nach Salz schmecken! - Zumal die Flüssigkeit sich ja über den Tagesverlauf reduziert und dadurch salziger wird. Letzterem wirken wir aber auch entgegen, indem wir immer wieder Wasser zugeben.

3) Nun gilt es noch Aromate zuzugeben, die dem Fond eine gewisse "Raffinesse" bereiten. Da gehen...
  • Pilze und deren Abfälle
  • Lorbeerblatt
  • schwarzer Kardamom (gibt einen Räuchergeschmack - eher vorsichtig einsetzen)
  • Korianderkörnchen
  • Tomatenmark


Rumford erfand übrigens noch etwas, das mir eines der schönsten Erfindungen überhaupt ist: den Englischen Garten - er gestaltete jenen in München. Nirgends kann man schöner picknicken! Aber das ist ein ganz anders Kapitel...

 

Literatur

Gordon, Sophie (2023). Alles vom Gemüse. Cadolzburg: Ars Vivendi.

Tabuleh

Salat muss ja nicht sein! 

Aber richtiggehend verliebt habe ich mich in jenes Tabuleh, das ich nur zufällig im Le Cèdre in der Ausstellungsstraße einmal bestellt hatte und dort seitdem immer genieße. Tabuleh, das habe ich dort übrigens gelernt, wird auf der zweiten Silbe betont - anders als man es bei der französischen Schreibweise Taboulé erwarten würde.

Alles übrigens, was andernorts sonst unter diesem Namen feilgeboten wird, - meist Couscousgrütze mit ein bisschen Gemüse, evtl. auch noch mit Granatapfelkernen, eigentlich also das türkische Kısır - geht mir heillos auf die Nerven.

Das heilige Tabuleh hierorts besteht hauptsächlich aus glatter Petersilie, enthält nur Spurenelemente von Weizenbulgur und ist unfassbar aromatisch und frisch.  



So schaut's aus - mein Lieblingstabuleh von  Le Cèdre in unser aller Ausstellungsstraße. Wenn wir kommen ("Wo ist denn heute dein Sohn?") wird es immer besonders schön angerichtet - bilde ich mir ein...
 

Aufwändig an das Ganze ist nur das Pflücken der Petersilienblätter. Aber das genau macht den Reiz eben aus!


Zutaten

  • Eines von den Riesenbündeln glatter Petersilie, so wie es sie am Viktor-Adler-Markt oder im Kurdengeschäft für 1 Euro gibt. Wer die in Zellophan verpackte Petersilie im Supermarkt kauft, braucht wohl mindestens 10 Päckchen und zahlt das Zwanzigfache...
  • 2 aromatische Pflaumen-Tomaten
  • 2 Stängel Bleichsellerie
  • 1 Bisschen Fenchel
  • 40g Bulgur, nicht das ganz feine! Bei billa gibt's ein "Bio-Bulgur", das ist gut! Wir werden vom fertigen Bulgur für den Salat schließlich nur eine Handvoll davon benutzen, aber eine kleinere Menge zu dünsten, das wäre etwas pingelig
  • 80 ml vegetarische Brühe
  • Olivenöl
  • Zitrone

Zubereitung 

1) Petersilie waschen, an den Stängeln kräftig schütteln, damit die anhaftenden Wassertropfen nur so fliegen (küchenfreundlicher ist es, für diesen Schleuder-Vorgang das Kraut zuvor in ein Küchentuch zu hüllen). Danach im Sieb abtropfen lassen. 

2) Derweil die Tomaten in, sagen wir mal: 4x4mm-Würfelchen schneiden.

3) Selleriestangen entfädeln oder auch nicht. Daraus Würfelchen in selbiger Größe schneiden.

4) Dasselbe mit Fenchel - der ist im Original glaub ich nicht drinnen, aber ich mag ihn und er gibt noch mal ein Pep Frische ins Geschehen

4) Brühe erhitzen, etwas salzen, Bulgur hinein rieseln lassen, kurz aufkochen lassen, vom Herd nehmen und mit Deckel zur Seite stellen. Das Ergebnis soll am Ende eher noch grisselig als etwa gar weich sein. Wenn zu feucht, nochmal in die Hand nehmen und kräftig drücken. Dann noch mal. Soll halt irgendwie trocken sein. Daher in ein Küchentuch im Sieb ablagern.

5) Nun kommt der mühsame Vorgang: Gefühlt tonnenweise Petersilie von den groben Stängeln befreien. Die Stängel kommen dann später wieder in die vegetarische Brühe...

Und dann kleinschneiden was das Zeug hält!

Damit kein Missverständnis entsteht: je mehr Petersilie, um so besser. Sie (!) und nicht die Tomaten und schon gar nicht der Bulgur, der wirklich nur als fast nicht zu bemerkendes Element etwas mitschwingen darf, spielt die Hauptrolle in diesem Gericht.

6) Kurz vor dem Servieren alles vermengen. 

7) In einem Nebengefäß Olivenöl mit etwas frischem Zitronensaft und auch ein Paar Zitronenschalen-Zesten reichen. Fertig!

Man könnte noch mit frischer Minze experimentieren, was offenbar in den Herkunftsregionen des Gerichts geläufig sein soll. Und von diesem Gewächs haben wir ja am Balkon reichlich.

Jegliches weitere Zutaten-Rumgetüddel ist überflüssig.


13.05.2023

Hessendorfer Forellen räuchern?

Im "Anglerparadies" im Waldviertler Hessendorf lernen Sohn und Vater seit geraumer Zeit miteinander Spinnfischen. Der aktuelle Tagesrekord ist 14 Fische - Regenbogenforellen und Saiblinge. Am 06.05.2023 schleppten wir 6 kg nach Hause. Das Kind ist voll des Glücks.



Oktober 2022 Jori nimmt die selbst gefangenen Fische selbst aus. Alles "Männchen"!

Aber wohin mit so viel Catch of the Day im zwei-Männer-zwei-Kater-und-Krupskaja-Haushalt? 

Jori nimmt, an solcherart planenden Überlegungen gänzlich desinteressiert, erst einmal einen Esslöffel und damit die Fische mit souveräner Routine aus, bestimmt deren Geschlecht - Hessendorfer Forellen sind in überraschender Überzahl "Milchner". Wenn dieser Befund die Stimmung trübt, erklärt min Jung den zuletzt gesäuberten Fisch kurzerhand trotz extrahierter Milch und fehlendem Rogen zum "Weibchen". Gender-Parität!

Wir geizen beim Säubern fast wie zwanghaft mit Wasser. Denn wir wollen der Idee von Josh Niland huldigen, Fisch solle nach seinem Tod nicht mehr mit Wasser in Kontakt kommen, sondern gehöre dry aged

Das ist trotz des frischen Fanges freilich nur bedingt realisierbar: der Weg mit dem Reblausexpress nach Retz und von dort mit dem Cityjet nach Wien lässt eine eher brüchige Kühlkette erahnen. Die Situation an der Leopoldstädter Küchenspüle ist jedenfalls blutig. Ganz ohne Wasser geht die Chose nicht!


Niland J (2019). Der ganze Fisch, S. 33

Um die große Masse zu bewältigen, frieren wir vakuumiert ein. Einige aber - und das ist nun die Challenge (!) - will ich nach traditioneller Art heißräuchern. 

Das dafür vorab notwendige "Pökeln" findet auch Nilands Segen, obwohl es natürlich bedeutet, dass der Fisch postmortal doch noch mal baden würde. Genau das allerdings empfiehlt Niland in seinem zweiten Buch (S. 258) fürs Räuchern von Heringsfilets auch.


Zutaten

  • 6 Forellen
  • 4 l Wasser
  • 200g Salz
  • Wacholder, Lorbeer, Fenchelsamen, Dill
  • 25g Räucherdunst (Buche)

Zubereitung


1) Forellen nach dem Fang ausnehmen, mit Küchenrolle sehr trocken tupfen. Nebeneinander auf ein Backgitter oder einen Grillrost legen, darunter so etwas wie eine Abtropfschale, um doch noch austretende Säfte aufzufangen.

2) Im Kühlschrank über Nacht "abhängen" lassen. Gegebenermaßen habe ich es auch schon zu zwei oder drei Nächten kommen lassen. Die Haut wird dabei knorrig. Anders als man erwarten dürfte, beginnt der Kühlschrank tatsächlich nicht zu stinken, denn - wie betont Josh Niland -: "Sogar wenn man Fisch 20 Tage reifen lässt, riecht er, wenn man alles richtig gemacht, nach so gut wie nichts" (2019, S. 25). Dry aged trouts. Wenn man alles richtig gemacht hat... 

3) Pökelflüssigkeit vorbereiten: Dazu in einem großen Plastik- oder Porzellangefäß auf 4l kaltes Wasser 200g Salz auflösen, Aromate (Lorbeer, Wacholder, Fenchelsamen) und Fische einlegen. Mindestens 12 Stunden im Kühlschrank marinieren. Meine lagen 24 Stunden.


Tips für die Pökellake zum Heißräuchern

Bei fettem Fisch darf der Salzanteil bis zu 10% betragen (z. B. Makrele, Aal - 80g auf 1l Wasser), bei magerem Fisch ca. 5%.
Nisham pökelt 200g Heringsfilets mit Haut in 80ml Wasser, "2 TL" Salz, 60g Honig, 1 TL gerösteten Selleriesamen 12 bis maximal 24 Stunden (Nishan, 2021, S. 258).


Wie nun weiter? Zum Kauf des Fissler-Bräters überredete mich vor allem die Behauptung, mit diesem könne man auch räuchern:

Fraglich, wie lange man nun räuchern soll. Viktoria Fuchs räuchert nur kurz (5-8 Minuten) und gibt den Fisch dann noch 15 Minuten bei 180 Grad ins Rohr. Ohne Backofen-Zugabe geben andere eine Räucherzeit von 8-10 Minuten auf der Platte und dann weiter 8-10 Minuten offline an. Fischer scheinen besonders lange zu räuchern, vermutlich um den Preis, dass der Fisch dann zwar länger lagerungsfähig, aber auch "durcher" und härter ist als es sich Sterneköch*innen aktuell wünschen. 


Zubereitung tags drauf...


4) Rausnehmen und trockenreiben, auch unter den Kiemen. Ich habe die Forellen - abweichend von den Empfehlungen der meisten Rezepte - nicht noch mal abgespült. Erstens, weil ich nicht verstehe, warum man das mühsam einmarinierte Aroma wieder abspülen sollte und zweitens, um das feindliche Wasser zu sparen. Man wird immer zwanghafter!

5) Den Boden des Bräters legen wir großzügig mit Alufolie aus.


6) In meinen Fissler-Bräter passen geschätzt 3 Forellen, gut geschlichtet. Sie kommen in den Dünsteinsatz. Damit der Abstand vom Boden etwas erhöht wird, habe ich 3 kleine Briocheförmchen als Puffer eingestellt. Auch gut vorbereitet wird, dass der Bräter-Deckel äußerlich großzügig mit Alufolie überzogen wird, damit wir nach Beginn des Räuchervorgangs die Spalten zwischen Bräter und Deckel noch nach Möglichkeit verschließen können, um das Austreten penetranter Gerüche hintanzustellen.

7) Die größte Herdplatte wird auf volle Pulle gedreht, bis der Boden wirklich knalleheiß ist. Dann 25g vom Buchenräucherdunst auf dem alufolierten Boden verteilen. Bei immer noch voller Pulle aufheizen, der Staub soll ja richtig heiß werden. Forellen im Dünsteinsatz einlegen, folierten Deckel drauf. 

8) Nun geht's los mit Rauchen, Fenster öffnen schadet nicht, obwohl die Angst, dass die ganze Wohnung im Rauch aufgeht, unbegründet ist. Trotzdem sollte man einen Rauchmelder in der Küche, falls installiert, während der folgenden Vorgänge besser deaktivieren.
 
9) Nun wird experimentiert - ich habe 2 Minuten bei voller Pulle geräuchert, dann abgestellt und bei nur kleinster Hitze 11 Minuten ziehen lassen. Das war objektiv zu wenig! Die Forellen zeigten nur ansatzweise so etwas wie Goldfärbung.
 
10) Diese anfängliche Frustration nutzte ich dazu, die Tiere umzudrehen, alles wieder abzudeckeln und mit höherer Hitze von Anfang bis Ende (s. Abb.) weiter- und durchzuräuchern. 10 Minuten - Motto: Von nix kommt nix! 

Gewählte Temperatur im 2. Akt. Demnächst mal wieder putzen!

11) Inzwischen verbreitet sich auch bei geschlossener Küchentür und dortig geöffnetem Fenster ein angenehmer Räucherdunst von real: Buchen-, assoziiert: Sandelholz wie zur Adventszeit. Ich überlege, ob man parallel in der guten Stube durch Räuchern von etwas Styrax (dem Haupträucherstoff der Hekate, Göttin der Zauberpflanzen) ein gefälliges Komplementäraroma erzeugen könnte. Finde aber die nötigen Utensilien gerade nicht, weil wir ja bereits das Ende der Schonzeit von Saibling und Forelle (15.3.) schreiben und der Adventsbedarf inzwischen selbstverständlich ordnungsgemäß weggeräumt ist.    

12) Wenngleich in der guten Stube keine stechenden Gerüche vernehmbar sind, wirkt die Situation in der Küche inzwischen rustikaler: Es nebelt stellenweise aus den Ritzen des folierten Bräters, ich würde nicht von Rauchschwaden sprechen, aber vergleichbaren Dünsten. Assoziationen von Küchen in Bauernmuseen stellen sich ein. Den Herd stelle ich daher aus. Gut, dass das Fenster offen war.

12) Jetzt Üben in Geduld! Deckel nicht öffnen, vielleicht etwas Passendes am Klavier singen, noch mal singen, singen oder (wer kann...) spielen. Ob das Faktum, dass Katze Krupskaja sich im Kinderzimmer scheu unter einer Decke versteckt, mit den Ausdünstungen der Forellenzubereitung oder eher meinem Gesang zu tun hat, lässt sich im bemühten Aufdeckungsgespräch nicht klären. 

13) Da die Glutquelle inzwischen abgeschaltet ist, werden auch andere Fenster in den Zimmern der Wohnung langsam geöffnet. Der brandpolizeilich so gefürchtete "Schloteffekt" ist nun nicht mehr zu erwarten. Der Geruch in der Küche indes lädt zu Reflexionen darüber ein, ob Alufolie bei großer Erhitzung womöglich gesundheitlich ungünstige Stoffe zum Endprodukt beitragen könnte. Weiterhin Geduld. Vielleicht noch etwas Musik (für Ungelduldigere: ab min 24.30).

14) Nach gut einer Stunde erweist sich der Bräter durch beherzten Handdruck auf seinen folierten Deckel als weitestgehend abgekühlt. Womöglich befinden wir uns mittenmang bereits seit Längerem im Prozess des Kalträucherns? Jedenfalls erfolgt nun - bei mir, mit "regem Blute"! - die feierliche Öffnung des Räucherschreins.

15) Hernach präsentieren sich drei brillant gefischte, gnadenlos übertötete, akkurat gesäuberte, vermutlich zu lang gepökelte, liebevoll abgetrocknete und dann doch letztlich tatsächlich statt 10 Minuten gut 2 Stunden einem Räucherungsprozess unterzogenen Salmoniden-Männchen so:


Abschließend bleibt ein zu deftiger Räuchernachgeschmack, vor allem im Abgang. Vermutlich war die Heizungsdauer im 2. Akt doch zu lang?

Die Farbe jedenfalls ist perfekt. Das Fleisch saftiger als erwartet. Sogar die Haut essbar. 

Und Krupskaja zufrieden:



Was immer Kritiker*innen sagen werden...

Nach Abschluss des Räuchervorgangs riecht nichts in der Wohnung mehr nach abgehängtem Fisch oder gar dem durch gefürchteten "Fischeln" des mit Wasser kontaminierten verstorbenen Salmoniden-Mannes. Ganz konträr - die Wohnung ist beispielhaft ausgeräuchert und von jeglichen bösen Geistern befreit. Sinnvollerweise könnte man nach Abschalten des Herdes den weiter vor sich in räuchernden Bräter auf den Balkon stellen...

Anschließendes gemeinsames Baden und Haarewaschen der Kochenden würde aber keinesfalls schaden. 

Zum Weiterverarbeiten der Räucherforelle...

Warme Terrine von Räucherforelle auf grünem Spargelsalat. In. Behrendt & Stumpf (2006): Fisch auf den Tisch aus Fluss, See und Meer, Hannover: Landbuch-Verlag, S. 154



Quellen:

 

Rätsch, C (2002).  Räucherstoffe - der Atem des Drachen. Aarau: AT-Verlag.

Nishan J (2021). Der ganze Fisch - Rezepte von der Flosse bis zur Kieme. München, London, New York: Prestel. 

Nishan J (2022). Man nehme einen Fisch. München, London, New York: Prestel.


 


12.05.2023

Hessendorfer Forellen - der Tragödie zweiter Teil?

Des Experimentes zweiter Teil geht der Frage nach: hat Viki recht? Wir verzichten diesmal auf Alufolie. Einerseits der Umwelt wegen, und weil Viki ja auch auf ihre unwiderstehlich charmante Art postuliert, dass man den verbrannten Räuchermehlstaub vom Bräterboden sogar einfach wegblasen könnte. 




Gleichzeitig warnt sie aber auch vor zusätzlichen Aromen (speziell Tee), weil dann das große Dampfen nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen sei. Tee interessiert uns an dieser Stelle sowieso nicht. Wacholder und Rosmarin eher. Das werden wir später mal probieren... Und unsere Zeiten verschlanken wir: geöffnet und umgedreht wird auch nicht. Mal sehen, was passiert...


Zubereitung 

Bis zum Punkt 5 ist alles wie zuvor, nur dass wir statt 25g nun 35g Räucherdunst verwenden.

5) Den Boden des Bräters legen wir nicht mehr mit Alufolie aus, aber mit den bekannten Briocheförmchen, die den Dünsteinsatz etwas "heben", damit díe Forellen nicht direkt mit dem Räuchermehl in Kontakt geraten.

6) Den Deckel wie gehabt folieren.
 
7) Die größte Herdplatte wieder auf volle Pulle gedreht, bis der Boden wirklich knalleheiß ist, was ohne Folie deutlich rascher geht. Dann diesmal 35g vom Buchenräucherdunst verteilen. 

Forellen in den Dünsteinsatz einlegen, folierten Deckel drauf. Temperatur nun  runter auf die schmutzigen "7 Punkte". 
Mit Gewichten beschweren, damit wenig Rauch austritt.




8) Fenster auf - und dann (das ist neu!) bei gleichbleibender Temperatur unreduziert 10 Minuten räuchern.

9) Dann ausschalten - und eine Stunde ungeöffnet "kalträuchern" lassen. Eine Zeitlang nebelt es auch nach dem Ausschalten durch die obwohl alufolienverstärken, dennoch offenbar nicht völlig dichten Deckel-Bräter-Ritzen. 

10) Als Gegenräucherung womöglich diesmal Benzoe, von der uns Aleister Crowley gelehrt haben soll, seine "sinnliche Verführungskraft ist unmissverständlich" (zit. n. Rätsch, 2002, S. 52). Nach vier Stunden Räucher-Experimentenen könnte das helfen.

11) Nach empfohlen ca. einstündiger Beschäftigung mit musikalischer Fischerei in Schuberts Forellenteichen erfolgt die gespannte Öffnung.

Die Katzen wieder gut zufrieden...




Ich finde tatsächlich das erste Produkte unserer Versuchsreihe deutlich überzeugender - das Fleisch kommt weniger hart daher, die Konsistenz beim Draufdrücken auf das Tier ist nachgiebiger. Und die Rauchexzessivität ist bei der jetzigen Version leider noch mal brutaler.

Wie nun weiter zurück? Mir scheint die Menge des Räuchermehls inzwischen relativ egal. Ich werde es bei 25g belassen.

Das Wenden scheint mir an sich nicht nötig, ich sehe in der Vergoldung beiderseits keinen Unterschied. Außerdem scheint mir die Unterbrechung des Räucherns, wie wir es im ersten Durchgang praktizieren mussten, sperrig und aus rationaler Sicht ein Hemmfaktor. Vielleicht bewirkt aber auch gerade sie das "gewisse Etwas" des ersten Versuchszufalls?

Der Einfachheit halber klammern wir letzten Faktor allerdings erst einmal aus.

Ich probiere den Einstieg wie in Versuchsanordnung 1 - aber: nicht ganz so volle Pulle, sondern von Anfang an auf "Nummer 7", und lieber kürzer unter Feuer - dann wie gewohnt: abwarten! 

Die gute Nachricht aus Experiment 2: Alu im Bräter braucht es wirklich nicht!


Hessendorfer Forellen räuchern - der Tragödie dritter Teil...

Des Experimentes nächster Teil hätte auf dem Balkon, dritter Stock der Altbauwohnung, erfolgen sollen. Geschätzte drei Quadratmeter Terrasse laden zum Verweilen ein. Die Forellen wie immer waidmännisch präpariert.



Keine Forelle, weil viel zu lange Rückenflosse!
Eher eine lächelnde Äsche, gestaucht und adipositös. Jedenfalls hat das Tier - wie die Forellen, der Saibling, Huchen, Lachse und  Reinanken - eine sog. "Fettflosse" (roter Pfeil!). 
Innen drin all das, was min Jung gern ausnimmt... (aus Teckentrup, 2019).


Womöglich lässt sich der Räuchervorgang hier so vollziehen, dass er über die nächsten Tage sensorisch weniger eindrücklich in Erinnerung bleibt als unsere Versuche auf dem Gasherd in der Küche. 

Vermutlich muss man aber nun weitere Faktoren in die Garwerdung miteinbeziehen: Luftfeuchtigkeit, wie immer in der Physik. Und: Außentemperatur! Die wir hilfs des Bratenthermometers mit 11 Grad Celsius plus objektivieren konnten. 


Der Topflappen übrigens ein Original von Nanni oder Mutti. 

Der frohgemute Autor dieser Zeilen greift nun zu einer Verlängerungsschnur, wieder zum Fissler-Bräter, der sich ja aufgrund seiner Edelstahlmentalität auch auf einer Induktionsplatte vom Lidl prima erhitzen lassen sollte. 

Sollte... - denn die längliche Form des hochqualitativen Fissler-Produkts evoziert beim wohl nur auf runde Töpfe geeichten Induktionsplättchen die Fehlermeldung E0 und verweigert jegliche Erwärmung. 

Womöglich ist eine Induktions-Adapterplatte vonnöten. Endlich wieder ein Küchengerät, das ich mir bestellen darf!

Soweit vorläufiges Ende des Experiments.


Zubereitung mit Induktionsplatte (outdoor)

1) in

2) E0

3) out

Wir nutzen das misslungene Experiment zu noch etwas mehr Artenkunde:


Unser Hauptopfer: die eingeschleppte Regenbogenforelle. Aus: Gretler, 2020



Quellen:

 

Gretler T (2020).  Das Angelbuch - für Kids. Stuttgart: Franckh-Kosmos.

Teckentrup B (2019). Fische Fische überall. Münchne, Londonm, New York: Prestel

06.05.2023

Milchreis

Ich brauch's ja nicht - aber Jorimann mag ihn, den Milchreis - vermutlich "Soulfood". 

Oder Erinnerung an früheste Kindheitseindrücke? Milchreis wird von Firma Hipp als Babygläschen ab dem 10. Monat (mit Mango!) angeboten. Das können wir besser!




Also tasten wir uns heran an das bestmögliche Rezept. 

Es beginnt mit der Reisauswahl - hier und da liest man von Arborio, also jenem stärkehaltigen Reis, den ich auch für Risotto favorisiere. Nun ist der Milchreis ja eher ein Wiener Gericht. Und wir nehmen dann doch den preiswerten Rundkornreis vom Billa ("immer gut"), der auch aus Italien (dem lombardischen Pavia) kommt.

Wir kochen im Edelstahltopf, es wird schon nichts anbrennen, wenn wir den Reis beim Garen ganz vorsichtig auf Hitze halten. Garen im Backofen scheint klassisch zu sein, geht auch sorgloser in Edelstahl als mit einem beschichteten Topf.  

Und damit der Milchreis dann doch trotz des preiswerten Reises "wertig" wird, sparen wir nicht mit echter Vanille, heben dann womöglich auch noch wegen der "Schlotzigkeit" Sahne ("Schlag") unter. Und zum Schluss her mit Zi(mt)-Zu(cker) zum Drüberstreuen!

Kindskoch (Mehl...) - Almkoch (Grieß...) - Milchreis (Reis...)!

Im Kochbuch der 30-er-Jahre ist das Verhältnis Milch zu Reis 6 Periode:1. Vermutlich war damals Milch billiger als Reis. Ich bin bei meinen Experimenten mit Jori, der den Reis nach mehreren Kostproben schön schlotzig mag, zu 700 ml Milch auf 100g Rundkornreis vom Billa gelangt, wenn man schön langsam unterm Deckel gart.



Garen im Rohr von "Schaumspeisen" scheint klassisch zu sein. 2 Variationen mit Eischnee und - Nr. 1495! - mit Rum und Mandeln.
"Schaumspeisen wird man am billigsten dann machen, wenn man Reste von Eiklar zu verwenden hat. Man bäckt sie meistens in einer flachen Schüssel im mittelheißen Rohr. Im Durchschnitt rechnet man ein Eiklar für eine Person" (S. 301).
 

Zutaten für zwei Portionen

  • 100g Rundkornreis
  • 700 ml Milch
  • 60g Zucker, 
  • minimale (!) Prise Salz
  • 20g Butter 
  • 1 Vanilleschote, ausgekratzt

    Zubereitung

    1) Zucker in die kalte Milch geben und umrühren

    2) Vanilleschote auskratzen, Mark und Schote in die Milche geben und langsam zum Kochen bringen.




    3) Prise Salz dazu und Butter. Aufkochen lassen.

    4) Rundkornreis (ungewaschen!) portionsweise in die Milch rieseln lassen, kurz aufkochen und vom Herd nehmen. 

    5) Auf ganz kleiner Flamme mit Deckel ca 30 Minuten garen lassen. Dabei ab und zu - vor allem gegen Ende der Garzeit - umrühren, damit der Reis nicht anbrennt. Wenn man jegliches Anbrennen vermeiden will, empfiehlt sich das Garen im Backofen.

    6) Wer will, kann den fertigen Milchreis mit steif gerührter Schlagsahne noch reichhaltiger machen.

    7) Zimt-Zucker-Mischung drüberstreuen. Fertig is'!

    Als Draufgabe passt wunderbar Kirsch- oder Rhabarberkompott, frisch geriebene Schoko geht immer. Und ja, wie bei Hipp, Mango ist sicher auch gut.