18.11.2024

Ein paar Weisheiten zur Nudelteigzubereitung



1. Für gefüllte Pasta (Ravioli, Tortellini, Maultaschen etc.) nehmen wir immer Eier in den Teig. Nudeln mit Ei heißen Pasta fresca

Die klassische Mischung ist 100g Mehl (Typo 00) auf 1 großes Ei pro Person und 1g Salz! Wenn's beim Kneten zu trocken scheint, ein paar Tropfen Wasser dazugeben. Oder noch ein Eigelb.


2. Nudeln, die wir trocknen wollen (Bandnudeln, Spaghetti, Farfalle etc.) kann man auch nur aus Hartweizenmehl (Semola) und Wasser machen. Das sind dann Pasta secca.

Die Mischung ist pro Person: 100g Semola di grano duro rimacinata, 50ml heißes Wasser, 1g Salz


3. Die "Nonna" nimmt für ihren Nudelteig kein Öl! 

Nun tun auch ernstzunehmende Köche - wie Vincent Klink - Olivenöl in den Teig. Warum? Laut Vilgis & Furlanello (2020, S. 35) fördert das Öl, übrigens zusammen mit einer größeren Salzmenge, die Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit - irgendwas mit Aminosäuren! Das hilft bei gebogenen Pastaformen wie Tortellini, Cappelletti oder eben Maultaschen, die man ja mit dem Kochlöffel in Segmente drückt.

Vilgis & Furlanello empfehlen 25 g Semola, 75 Weizenmehl Typ 00, 2(!) g Salz, 1 Ei (M, 50g) und 1 TL Olivenöl pro Person


4. Je nördlicher in Italien, um so Ei

In Sizilien präferiert man Pastateig aus Hartweizengrieß und Wasser, im reichen Norden der Republik mischt man mit Weizenmehl oder nimmt Weizenmehl pur. Und man zeigt seinen Reichtum durch Zugabe von Eier und wenn's noch üppiger sein soll: Eigelben.



"The Taste" - Staffel 13, Folge 3: Die Coaches geben ihr Nudelteig-Rezept zum besten:
Alexander Hermann eher in der Nord-Italien-Fraktion, und Tim Raue (für Orecchiette) in geeitem Sizilien

5. Teig zuerst händisch vermengen, dann ab in die KitchenAid

Mehl / Semola und Salz in eine große Schüssel, Grube hineindrücken. Wasser oder Ei und Salz hineingeben. Mit einer Gabel langsam rotierend einrühren.

Teig dann noch ein bisschen mit den Händen zusammenkneten und ab in die Küchenmaschine. 



Dort zunächst mit dem Flachrührer zu einem Teig rühren lassen. Schön auf niedriger Stufe!

Dann Rühreinsatz austauschen und Knethaken verwenden. Bei zweiniedrigster Stufe kneten. 

 

Knethaken wechseln! 


6. Der fertige Teig muss mindestens eine halbe Stunde ruhen

Am besten als Fladen in Folie gehüllt im Kühlschrank.
Sinn ist, dass sich das Gluten entwickelt.



Vor dem Ausrollen muss der Teig wieder Zimmertemperatur erlangen, sonst wird krümelig.


7. Ausrollen nicht auf Mehl, sondern auf Semola

Ausrollen des Teiges auf Mehl macht ihn matschig, daher stets auf Semola. Auch beim Pressen durch die Nudelmaschine die einzelnen Lagen immer wieder mit Semola bestreuen, damit die Nudeln nicht zusammenkleben.

11.10.2024

Lamm-Spinat-Curry "Palak Gosht"

Aus dem im Nordwesten Indiens gelegenen Punjab stammt dieses Gericht. Dort leben Sikhs, die gern vegetarisch essen, allerdings auch Tier, insofern es nicht (!) "halal" oder "koscher" geschlachtet worden ist. Als Beilage reichen die Sikhs Chapati-Roti.




Zutaten  

  • 1 Lammkeule, entbeint (ergibt am Ende ca 1 kg)
  • 3 große Gemüsezwiebeln, ca. 500g
  • 750g TK-Spinat
  • Chilischote
  • frische Minze, froßzügige Handvoll
  • 2 Kardamomkapseln, schwarz
  • 6 Nelken
  • 2 Lorbeerblätter
  • Cumin (Kreuzkümmel), 2 EL ohne Öl bei schwacher Hitze anrösten und - abgekühlt - in der Moulinette zerstäuben
  • 2 TL gemörserter Koriander
  • 4 Knoblauchzehen, etwas mehr Ingwer
  • 200g griechischer Joghurt 10%
  • 3 mittelgroße reife Tomaten
  • 2 EL Tomatenmark

    Zubereitung

    1) Lammkeulenfleisch von dicker Haut befreien, in gulaschartige Würfel schneiden

    2) Knoblauch und Ingwer fein schneiden, dann in der Moulinette pürieren. In ein Gefäß geben, Joghurt druntermischen, die Hälfte des gemahlenen Cumins dazu

    3) Fleischwürfel mit dieser Joghurt-Gewürz-Marinade einkneten und 1 Stunde einwirken lassen

    4) Zwiebeln müssen nicht gewürfelt werden, es genügt, sie in Scheiben zu zerkleinern 

    5) Topf mit Sonnenblumenöl bedecken, zwei Lorbeerblätter, Kardamom und 6 Nelken darin bei schwacher Hitze dünsten. Wenn es brutzelt, Zwiebeln dazugeben, unter Rühren anbräunen lassen (ca 10 Minuten)



    li.: Spinat / Minze vor dem Pürieren; re.: geschmortes mariniertes Lamm und Zwiebel


    6) Koriander dazugeben, 2 Minuten; dann den Rest gemahlenen Kreuzkümmels dazu, einrühren. Nach ein paar Atemzügen 50ml Wasser zugeben. Vorsicht, spritzt! Einköcheln lassen

    7) Joghurtmarinade und Lamm hineingeben, ab und zu rühren, so ca 5 Minuten reduzieren

    8) Tomatenwürfeln und Tomatenmark rührend dazugeben und weiterschmoren. Dann 300ml Wasser dazu. 1 TL Salz rein, Deckel drauf und bei 160 Grad 40 min-1 Stunde im Backofen schmoren bis das Fleisch zart ist

    9) Unterdessen eine halbe Tasse Wasser aufkochen, TK-Spinat, 1 Chilischote und Minze, gern auch anderes Grünzeug, das passen würde (frischen Spinat, Koriander) hineingeben - und mit 1 TL Meersalz und Pfeffer nach Gusto aufkochen lassen

    10) Chilischote herausgeben, mit dem Pürierstab mantschen, mit Muskatnuss abschmecken

    11) Wenn das Fleisch zart ist, Spinat dazugeben und mit leiser Hitze ohne Deckel fertig garen


    30.08.2024

    Galette bretonne

    Die Galette bretonne ist die nordfranzösische Schwester des Bookwetenpannekokens. Auch ein Produkt der atlantischen Küstengegend - nun aber hauchdünn im Stile des Crêpe, und vollständig aus Buchweizen- statt Weizenmehl. 

    Klassisch verzichtete man hier aufs Ei, weil das wertvoll war, besser an andere verkauft werden konnte als selber genutzt - und ja sowieso später noch drauf kommt. 

    Man brät die Galette nur auf einer Seite an, belegt sie dann mit unterschiedlichsten Füllungen. Die traditionelle Galette Complète mit gekochtem Schinken und Emmentaler oder Gruyère-Käse, um als Krönung ein Ei hineinzugeben. Von vier Seiten zugeklappt hat man am Ende ein nettes quadratisches Päckchen fertigen Pfannkuchens. 

    Für mich schmeckt der Teig in Schweineschmalz (und man braucht wirklich nicht viel davon) gebacken übrigens bereits wie Kochschinken - man kann den wirklichen Schinken eigentlich wirklich weglassen und sich möglichen vegetarischen Füllungen widmen: 

    • Ziegenkäse mit Feigenkonfitüre
    • Pilze, Crème fraîche
    • Artischocken und Nüsse
    • Spinat
    Weniger vegetarisch, aber auch erwähnt werden:
    • Entenfilet mit Kartoffelpüree
    • Sardinen
    Letztlich alles wie bei Pizza

    Zutaten  

    • 150 Gramm Buchweizenmehl
    • 320 ml Wasser 
    • Salz
    • Für Authentizitäts-Fetischist*innen: 1 Eigelb und 100g Schweineschmalz (diese Mischung wird Lardigenn genannt) zum Anbraten der Küchlein
    • Gekochter Schinken (kann man gut auch weglassen!)
    • Gruyère oder Emmentaler, gerieben (mdst. 40g)
    • 1 Ei, zimmerwarm
    • Frühlingszwiebeln

      Zubereitung

      1) Buchweizenmehl, 200ml Wasser und Salz in der Küchenmaschine 10 Minuten aufschlagen. Schrittweise die restlichen 100ml Wasser dazugeben.

      2) Teigschüssel abdecken und über die Nacht in den Kühlschrank zum Gehenlassen / Fermentieren stellen. Aber auch nicht länger - derselbe Teig wurde nach einer weiteren Nacht beim Backen rissig-brüchig. 

      3) Aus dem Kühlschrank nehmen und ggf noch einmal 20 ml Wasser hinzugeben


      So soll es aussehen: die Konsistenz des perfekten Galette-Teig. Mit beherztem Schisslaweng präsentiert... Video: https://www.youtube.com/watch?v=9s0HYaOyJuU


      4) Zimmerwarmes Schweineschmalz mit einer Gabel cremig rühren, ein Eigelb hinzugeben und untermischen. Diese Mischung soll das Ankleben an die Pfanne verhindern. Bei teflonbeschichteten Pfannen kann man sich das Eigelb-Einrühren wohl sparen, auf dieses sog. Lardigenn (bretonisch) oder Lardiguel (frz.) verzichten

      5) Pfanne mit 1 TL entweder Schweineschmalz oder 1 TL vom Lardiguel (vegetarisch: 1 TL Butter) einfetten. Wenn die Platte ausreichend heiß ist, wie beim Crepes-Machen Pfanne vom Herd nehmen, schräg halten und Teig unter langsamen Rotieren der Pfanne eingeben. Der Teig verhält sich im Schmalz anders als wir es von Weizenmehlteig gewohnt sind, irgendwie schnellflüssiger. Nicht nervös werden! Wenn die Oberfläche der Pfanne bedeckt ist - zurück auf die nicht zu heiße Platte - und backen.

      6) Jedes Ei auf einen kleinen Teller geben und das Eiweiß salzen. Sinn der Prozedur ist, dass das Eigelb später vorsichtig auf die Galette gleiten kann ohne zu platzen

      7) Wir denken uns in der Mitte der Galette ein Quadrat. Das belegen wir mit der gewünschten Füllung (s. o.). Da vermutlich geriebener Käse mit dabei ist, formen wir ein kleines Grübchen in den Käsehaufen, das soll Ziel des Eidotters sein. Das lassen wir vom Teller in die Mitte gleiten lassen udn verstreichen das Eiweiß mit einer Palette ein wenig - wir plätten. Mit Pfeffer würzen, auf kleiner Hitze weiterbacken, zusammenklappen. Das Eigelb soll als Zentrum des Produkts sichtbar bleiben

      8) Noch eine Minute lang auf hoher Hitze backen, damit es ein paar dunkelbraune Punkte auf der Unterseite gibt. Dann in den sehr dezent geheizten Backofen geben, damit das Ei stockt, das Eigelb aber flüssig ist. Das ist das Wichtigste von allem! Die Unterseite sollte dann kross und knackig sein

      9) Dann die nächste Galette backen. 

      10) Jedenfalls gleich essen, wenn das Eigelb gut aussieht! Mit Frühlingszwiebeln oder - je nach Füllung - Kräutern jeglicher Art (Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Koriander - was halt grad im Haus ist...) garnieren 

      11)  Mag bei einer größeren Gästetruppe zu einem gewissen Stau führen, aber wat mutt dat mutt! Schön ist vermutlich auch mit mehreren Backstellen (Induktionsplatten verwenden?)  - dann kann jede*r sich den Galette selbst füllen und alle gemeinsam parallel garen und alle gleichzeitig noch mal zum Stocken ins Backrohr kommen



      27.08.2024

      Bookweetenpannekoken

      Die relativ anspruchslose Buchweizenpflanze ließ sich ab dem 16. Jahrhundert gut im kargen Moorboden des Ems- oder Frieslandes anbauen. Die Norddeutschen mahlten ihn und machten einen Teig - originellerweise mit Tee statt mit Wasser, wie es die Breton*innen täten - um lecker Pfannküchlein daraus zu zaubern: Bookweeten-Jan Hinnerks. 

      Warum die so heißen, habe ich bislang nicht herausfinden können: womöglich steht Jan-Hinnerk (JH) - parallel wie vom aus der Napoleonischen Besatzung beliebten hanseatischen Gassenhauer "Jan Hinnerk wahnt up de Lammer-Lammerstraat" behauptet - für Jehova, also Gott... 

      Immerhin: "...der kann machen, was er will"! Aber bringt das Sinn? 



      Wilhelm Busch (1876). Knopp isst Pfannkuchen. Von Busch gibt es auch ein Pfannkuchen-Gedicht


      Der gut abgelagerte Teig wird jedenfalls über angebratene (luftgetrocknete) Speckstreifen geschüttet, damit endet seine vegetarische  Existenz. Und zum fertigen Pfannkuchen kommt - hier wieder die klassische broken sööt - Zuckerrübensirup, Apfelmus oder eingemachte Preiselbeeren drüber rüber.

      Man liest auch von einem Hauch Fenchel-Saat, der dem Teig zugegeben wurde.


      Zutaten  

      • 100 Gramm Buchweizenmehl
      • 50 Gramm Weizenmehl
      • 200 ml kalter schwarzer, ordentlich starker Ostfriesen-Tee (Assam), im Emsland nimmt man angeblich Kaffee
      • 2 Eier
      • 1 Teelöffel Meersalz
      • 1 Eigelb und 100g Schweineschmalz (Lardigenn oder Lardiguel) zum Anbraten der Küchlein
      • 150 Gramm luftgetrockneter gestreifter Bauchspeck (in dünnen Streifen)
      • Apfelmus oder Zuckerrübensirup


        Zubereitung

        1) Das Buchweizen- und das Weizenmehl vermengen und portionsweise Mehl in den kalten Tee geben und in der Kitchenaid verquirlen. 

        2) Dann zunächst ein Eigelb zugeben, rühren lassen. Nacheinander die weiteren Eidotter hinzu und salzen. Der eingefleischte Friese gibt wohl auch Zucker hinzu.

        3) Den Teig für mindestens fünf Stunden quellen - eigentlich fermentieren - lassen.

        4) Vor der Zubereitung Eiweiße steif schlagen

        5) Zimmerwarmes Schweineschmalz mit einer Gabel cremig rühren, ein Eigelb hinzugeben und untermischen. In dieser Mischung soll der Teig beidseitig gebacken werden. Sie soll das Ankleben an der Eisen-Pfanne verhindern. Bei teflonbeschichteten Pfannen kann man sich das Eigelb-Einrühren wohl sparen. Vegetarier nehmen statt des Schweineschmalzes Butterschmalz oder einfach Sonnenblumenöl

        6) Speckstreifen in die Pfanne geben und auslassen. Vegetarier?: diesen Schritt auslassen!

        7) Eiweiß in Teig einheben und portionsweise über den (evtl nicht vorhandenen) Speck geben und für ca. 2-3 Minuten braten, bis sich auf der Oberseite Bläschen gebildet haben. Pfannkuchen nun wenden und von der anderen Seite braten.

        8) Die fertig gebratenen Pfannkuchen warm stellen.

        9) Vegetarier oder nicht?: Jedenfalls mit Sirup und/oder Apfelmus servieren!

        Man kann den Bookweetenpannekoken auch im Sinne der sowjetischen Bliny servieren - z. B. mit Smetana oder saurer Sahne, Nordseekrabben, Kaviar, Räucherfisch. Vegetarisch mit Frischkäse, Möhrchenlachs. Süß mit Ahornsirup und Heidelbeeren, Ananas, Maracuja - was der Markt so bietet...


        Pfannkuchen in der Literatur...

        Pfannkuchen in der Literatur? Hier Wilhelm Buschs Reminiszenz - mit der auch von uns bevorzugten Abfolge der zu verarbeitenden Ingredenzien: Das Mehl ins Flüssige und nicht umgekehrt! 


        Von Fruchtomletts, da mag berichten

        Ein Dichter aus den höhern Schichten.

        Wir aber, ohne Neid nach oben,

        Mit bürgerlicher Zunge loben

        Uns Pfannekuchen und Salat.

        Wie unsre Liese delikat

        So etwas backt und zubereitet,

        Sei hier in Worten angedeutet.

        Drei Eier, frisch und ohne Fehl,

        Und Milch und einen Löffel Mehl,

        Die quirlt sie fleißig durcheinand

        Zu einem innigen Verband.

        Sodann, wenn Tränen auch ein übel,

        Zerstückelt sie und mengt die Zwiebel

        Mit Öl und Salz zu einer Brühe,

        Daß der Salat sie an sich ziehe.

        Um diesen ferner herzustellen,

        Hat sie Kartoffeln abzupellen.

        Da heißt es, fix die Finger brauchen,

        Den Mund zu spitzen und zu hauchen,

        Denn heiß geschnitten nur allein

        Kann der Salat geschmeidig sein.

        Hierauf so geht es wieder heiter

        Mit unserm Pfannekuchen weiter.

        Nachdem das Feuer leicht geschürt,

        Die Pfanne sorgsam auspoliert,

        Der Würfelspeck hineingeschüttelt,

        So daß es lustig brät und brittelt,

        Pisch, kommt darüber mit Gezisch

        Das ersterwähnte Kunstgemisch.

        Nun zeigt besonders und apart

        Sich Lieschens Geistesgegenwart,

        Denn nur zu bald, wie allbekannt,

        Ist solch ein Kuchen angebrannt.

        Sie prickelt ihn, sie stockert ihn,

        Sie rüttelt, schüttelt, lockert ihn

        Und lüftet ihn, bis augenscheinlich

        Die Unterseite eben bräunlich,

        Die umgekehrt geschickt und prompt

        Jetzt ihrerseits nach oben kommt.




        Geduld, es währt nur noch ein bissel,

        Dann liegt der Kuchen auf der Schüssel.

        Doch späterhin die Einverleibung,

        Wie die zu Mund und Herzen spricht,

        Das spottet jeglicher Beschreibung,

        Und darum endet das Gedicht.



        Wilhelm Busch. Letztes Selbstporträt


        24.03.2024

        Dicke Bohnen satt!

        "Heute gibt's Dicke Bohnen satt!", war so ein Schlachtruf von Oma Lisbeth, der mir irgendwo in den Tiefen des Gedächtnisses hängen geblieben ist. Dessen Sinn und Herkunft kann ich allerdings nicht entschließen.

        Jedenfalls geht es um Dicke Bohnen. Mit welchem Hintergedanken sie auch immer "Puffbohnen" gescholten worden sind - man musste sie aufwändig "pulen", und dann wurden sie als "Dicke Bohnen mit Speck" serviert. Mit ihrem haselnussigen Aroma mundeten sie unvergleichlich besser munden als alles, was sonst als Bohne serviert wird.



        Von 1 kg Bohnen bleiben nach dem Pulen noch 250g zum Verarbeiten

        Mutti hat die Bohnen verlässlich mit deren Außenhaut zu Tisch gebracht - diese ist recht zäh, was dem Produkt friesenseits auch den Namen "Lederne Jungs" eingebracht haben dürfte. Auch in Sizilien macht man das so, da heißt die Zubereitung dann Fave a coniglio (nach Kanickelart). 

        In der feinen Küche pult man die Pulbohne noch ein zweites Mal - nämlich man kletzelt die Lederhaut vor (mühsam) oder nach dem Kochen (leichter) ab. In Frankreich zum Beispiel, wo sie dann Fèves heißen.

        Dicke Bohnen gibt es bei uns frisch ab Anfang April z. B. am Viktor-Adler-Markt. Da heißen sie dann Bakla. In kurdischen Geschäften finden sie sich auch getrocknet. Da heißen sie dann plötzlich Duru. 12 Stunden in Wasser einlegen (ab und zu das Wasser wechseln), dann 45 Minuten in Salzwasser, mit Thymian und Lorbeer gewürzt, köcheln. 


        Zutaten 

        • 1 kg Dicke Bohnen - ergibt am Ende ohne Lederhaut ca. 175g


          Zubereitung

          1) Schoten knacken und Bohnen (in der Regel sind da fünf Stück drin) rausklamüsern. Einige schälen den Samen dann roh (Abb. unten rechts). Wir nicht.

          2) Wir schneiden die Lederhaut knapp am dicken Ende, quer zum sog. Nabel (Hilum), ein



          Pulen die Zweite: der Entlederungsprozess - re.: die rohe Bohne enthäutet; li.: die rohe Bohne angeschnitten, überbrüht und ausgedrückt

          3) In kochendes Salz-Wasser geben, nach höchstens 2 Minuten abschrecken

          4) Samen zärtlich, aber bestimmt aus der Hülse herausdrücken

          5) In kochendes Salz-Wasser geben, nach höchstens 2 Minuten abschrecken

          4) Samen zärtlich, aber bestimmt aus der Hülse herausdrücken



          Wenn wir die Lederhaut nicht abziehen, finde ich resches Anbraten in brauner Butter oder Olivenöl fein. 

          Nach all der Mühe beim Zweitpulen allerdings wäre es sündhaft, den feinen Spätfrühlingsgeschmack der sorgsam von ihrem Umfeld ausgelösten Dicken Bohne mit Speck oder anderlei Gewürz zu übertünchen. Einfach noch mal in Butter schwenken, (vielleicht mit etwas Zitronenzesten säuern) und als kleine Beilage oder auf geröstetem Brot als "Bruschetta" servieren. 

          Satt werden wir davon allerdings nicht!

          Ach ja, und damit die Assoziationen wegen Lederner Jungs und Puff nicht überschießen: Puffbohnen nannte man sie wohl deshalb, weil eine Zubereitungsart ist, sie nach dem Häuten 5 Minuten bis zum Aufblähen zu frittieren...

          __________________________________________________________________


           
          Tagliatelle mit Püree aus getrockneten, geschälten Dicken Bohnen und wildem Fenchel. In Vicka Bennison. Pasta Traditzionale, S. 103

          Penne con prosciutto e fave. In: Ria Lottermoser. Mille Sughi, S. 204

          Spaghetti con fave fresche (leider auch mit Speck)In: Ria Lottermoser. Mille Sughi, S. 160

          Tagliatelle con fave grosse e indivia belga (Zwiebeln, Chicorée, Bohnen und Petersilie in Butter-Crème double-Parmesan, Salz, Pfeffer)In: Ria Lottermoser. Mille Sughi, S. 96

          Lederne Jungs. In: Heinrich Stern. Köstliches aus der niedersächsischen Küche, S. 37

          Große Bohnen mit Speck. In: Renate Meier. Köstliches aus der alten friesischen Küche, S. 80f

          Légumes Provencaux à l'Anchoiade (mit Artischocken, Blumenkohl, Fenchel und anderen Frühlingsgemüsen und Sardellen-Dip) In: Michel Roux. Meine französischen Küchenschätze, S. 42

          Dicke Bohnen und iberischer Schinken auf geronnenem Idiazábal. In: John Radford & Mario Sandoval. Spaniens Küche - Spaniens Weine, S. 162 f

          Suppe von Dicken Bohnen und Blattzichorie. In: Lorenza de Medici. Lorenzas Italienische Feste, S. 29
          _________________________________________________________________

          17.03.2024

          Roulade

          Als Heinzi, unser Vater, schon allein im Haus am Wilkenweg lebte und wir zu Besuch kamen, machte er uns am liebsten Rindsrouladen. Die waren dank der langen Schmorzeit immer butterweich. Die Soße wurde - entsprechend der damaligen Gewohnheiten - aus Knorrs Soßenpulver gezogen. Immer noch mag ich diesen Geschmack und versuche ihn mit naturidentischen Ingredenzien zu simulieren.


          Zutaten  

          • 1,5kg Rinder-Rouladenfleisch. z. B. aus der Oberschale
          • 4 Karotten, in Streifen geschnitten
          • 3 Essigkurken, ebenso
          • 4 kleine Zwiebeln, in Scheiben geschnitten
          • ín gleicher Menge Stäbchen aus Knollen- oder Bleichsellerie
          • Guanciale, d. i. luftgetrocknete Schweinebacke - oder bei Vattern: weißer Speck, in dünne Scheiben geschnitten
          • Dijon-Senf
          • Mehlige Kartoffeln - so viele, dass sich am Ende daraus gepresst 450g Masse ergeben (ca 600g)
          • Tomatenmark
          • 1/2 Rotwein, z. B. Côtes du Rhône
          • 1 l Rinderbrühe 
          • Lorbeerblatt
          • 4 Karotten in ca. 1cm dicke Stücke geschnitten
          • 1 Stange Lauch, in ca 2cm dicke Stücke geschnitten

            Zubereitung

            1) Fleisch in entsprechende "Schnitzel" schneiden, anschließend plattieren.



            Schmetterlingsschnitt für Rindsroulade


            2) Innen und außen salzen, innen mit Dijon-Senf ausstreichen.




            3) Ausgehend von der breiteren Seite des Schnitzels mit Guanciale, den Zwiebelscheibchen, dann Streifen von Möhrchen, Essiggurke und Sellerie belegen.




            4) Zusammenrollen und mit einem ca. 1/2 m langen Band verschnüren. Mehlieren!



            5) In einem Bräter Sonnenblumenöl erhitzen. Darin die Rouladen von beiden Seiten scharf anbraten.
            Nicht wenden, bevor sie von sich aus vom Boden lösen. Damit das leichter geht, den Bräter ab und zu schwenken. Wenn sich so die Roulade schwenken lässt, drehen und ebenso scharf anbraten.

            6) Inzwischen Möhrchen- und Lauchstücke schneiden 

            7) Rouladen aus dem Bräter nehmen, Öl ausschütten und ggf. durch frisches Olivenöl ersetzen

            8) Gemüse eingeben, anrösten. Dann Tomatenmark einrühren und nach und nach mit Wein aufgießen.

            9) Rouladen wieder hinein geben. Brühe dazu. Lorbeerblatt und alles, was einem sonst noch dazu gefallen würde. Die Rouladen sollten zur Hälfte in Flüssigkeit liegen. Aufkochen.

            21.01.2024

            "Hattet ihr heute Pfannkuchen?"

            Wenn es zuhause Apfel-Pfannkuchen gab, haben die Kinder in der Nachbarschaft das immer an der blauen Zunge und den blauen Zähnen erkennen können. Die stammten von den "Blaubeeren" aus dem Glas, die pflichtgemäß dazu gehörten. 





            Hier ein einfaches Rezept. Fluffiger wird das Produkt, wenn man von einem der beiden Eier Dotter und Eiweiß trennt und Letzteres zu Eischnee schlägt, den man dann kurz vor dem Backen vorsichtig unterhebt. Aber so geht es auch. Und so hat Mutti es - glaub ich - zuhause gemacht.


            Zutaten 

            • 2 Eier
            • 150ml Milch
            • 110g Mehl (griffig)
            • 1 TL Backpulver
            • 2 EL Zucker
            • Vanillierter Zucker
            • Boskop-Äpfel
            • Butter
            • etwas Salz
            • Puderzucker
            • als Beilage Heidelbeeren aus dem Glas oder Zwetschgenröster


              Zubereitung

              1) Eier mixen, Mehl und Backpulver portionsweise zugeben und rühren

              2) Milch zugeben, dann Zucker, Vanillierter Zucker und die Prise Salz

              3) Glatt rühren, es sollten keine Klümpchen vorhanden sein.

              4) Ca. eine halbe Stunde ruhen lassen

              5) Apfel schälen und in Spalten schneiden

              6) Butter in einer Crepes-Pfanne schmelzen, Teig bei kleiner Hitze (mittlere Flamme, nicht die große!) hineingeben.

              7) Apfelpalten kreisförmig in den Teig einlegen und backen, evtl. in den warmen Backofen geben

              8) Wenn der Teig auch in der Mitte fest genug ist, wenden (Obacht! Der Teig kann sehr schnell schwarz werden, also mit dem Wenden nicht zu lange warten!)

              9) Andere Seite mit den Äpfeln unten noch etwas anbacken lassen, auf einen Teller stürzen und mit Puderzucker bestreuen

              Aus: "Flaschenpost von Felix" (Annette Langen & Constanza Droop)


              01.01.2024

              Gurken-Relish

              Früher gab es zum Silvester-Fondue immer Gurken-Relish aus dem Thomy-Soßen-Repertoire. Ist in Wien nicht erhältlich. War wie alles in der Kategorie auch hoffnungslos übersüßt. Also selbst machen!

              Ich greife auf ein französisches Rezept aus meinem erklärten Lieblingskochbuch von Michel Roux zurück: Concombre mariné au vinaigre. Roux schneidet das Gemüse jeweils in feine Ringe, im Kuner-Relish war alles gewürfelt. Der Franzose nimmt keinen Ingwer, wir schon. Das Kurkuma kommt von ihm, seine "Prise Nelkenpulver" lasse ich weg. Wer es in Richtung der nordischen Küche mag, nimmt Dill hinzu.



              Vor dem Marinieren...


              Zutaten  

              • 1 Salatgurke
              • 2 kleine Zwiebeln
              • 1 Tüte Snack-Paprika
              • 1 rote Chilischote, alternativ Pul Biber
              • 2 cm Ingwer
              • 1 TL Salz
              • 250ml Apfel- oder Weißweinessig
              • 100ml Aceto Balsamico (dadurch wird das Produkt allerdings sehr dunkel bräunlich! Wer es durchsichtig haben will, wird wohl weißen Balsamico oder einfach mehr Weißweinessig, dann aber auch etwas mehr Zucker, nehmen müssen!)
              • 60g Rohrzucker. Sollte man das Relish konservieren wollen, wird vermutlich mehr Zucker notwendig sein. In unserer Menge, die bald verbraucht sein wird, ist das sicher genug.
              • 1 EL braune Senfkörner (6g) - ich schlage vor, sie zu poppen. Roux tut das nicht, dann ploppt es dann zwischen den Zähnen: auch schön!
              • 1/2 TL Fenchelsamen (2g), wer Fenchel nicht so liebt wie ich, sollte es bei 1g belassen.
              • 1 gehäufter TL Kurkuma


                Zubereitung

                1) Paprikas mit dem Sparschäler schälen, teilen, Innenrippen abtrennen und in Würfelchen (Kantenlänge 4mm) schneiden. Gleiches gilt für die Chilischote
                 
                2) Gurke längs halbieren, mit einem Teelöffel Samen auslösen, in gleichgroße Würfel schneiden

                3) Ingwer schälen und ganz fein würfeln

                4) Zwiebeln ebenfalls in Würfel der Größe der Paprika schneiden

                5) Alles im 1 TL Meersalz in einer Porzellanschüssel verrühren und ruhen lassen (insgesamt 2 Stunden)

                6) Senfkörner in einer unbeschichteten Pfanne aufpoppen lassen

                7) Nach ca anderthalb Stunden die Zutaten für den Sirup aufkochen. Es riecht dann penetrant nach Essig.

                8) Bei schwächster Hitze ohne Deckel simmern lassen (ca. 25 Minuten) "bis der Sirup so dickflüssig ist, dass er an einem eingetauchten Holzlöffel haftenbleibt und eine deutliche Spur zu sehen ist, wenn man mit dem Finger über den Löffel fährt" (S. 75)

                9) Das eingelegte Gemüse in ein Sieb geben, pressen, damit möglichst viel Saft austritt

                10) Gemüse aus dem Sieb zum Sirup geben und nochmal ca 45 Minuten - nun mit Deckel - simmern lassen. Immer mal wieder umrühren, dass nichts anbrennt. Abschmecken (z. B. mit Chilipulver, Pul-Biber)

                11) Noch heiß in sterilisierte Gläser füllen, sofort verschließen - und abkühlen lassen. Diese Zutatenliste ergibt knapp zwei Handvoll Relish. Wer einwecken will, sollte die Mengen dementsprechend anpassen. 

                Roux empfiehlt die Soße zu Fisch-Galantinen, -Terrinen und Gravad Lax. Ich finde sie - wie gesagt - zum Fonduefleisch lecker. In (vegane) Hot Dogs passt sie prima, für Vegetarier ist es eine schöne Beigabe zur Käseplatte.


                Literatur

                Roux, Michel (1996). Saucen - die Quintessenz der feinen Küche. München: Christian Verlag