28.08.2022

Hollerröster

Holunder kann man im Frühling ernten, um daraus Holunderküchlein in Bierteig zu frittieren. Die verbliebenen Blüten reifen dann unauffällig weiter und läuten nach warmen Augusttagen - gleichzeitig mit Brombeeren - den Spätsommer ein. 

"Hollerröster" mögen wir am liebsten zu Kaiserschmarrn, kann aber ebenso zu pikanten Gerichten wie z. B. geröstete Leber oder confierte Ente serviert werden.

Wir finden das Produkt rund ums Lusthaus im Wiener Prater, dort finden sich in der Auenlandschaft zahlreiche Holunderbüsche. Jori hat aber auch direkt ums Eck, am Eduard-Lang-Weg, eine naheliegende Quelle ausgemacht. 

Die meisten verfügbaren Rezepte ergänzen die Holunderbeeren mit Zwetschken, obwohl die zu dieser Zeit noch nicht zwangsläufig reif sind. Das macht den pur sehr herben Geschmack der Beere samtiger. Man kann es freilich auch ohne Obstzugaben oder mit Brombeeren versuchen. Irgendwer kam wohl auch auf die immer wieder replizierte Idee, Vanillepuddingpulver dazuzugeben, vermutlich der enthaltenen Stärke halber. Das lassen wir draußen. 

Das folgende Rezept stahl ich aus einem Servus-Heftl, angepasst an die von uns gesammelte Menge - und mit 3:1- statt mit 2:1-Gelierzucker.



Hollerröster-Reste für die Biotonne: Dolden, Blätter, Zimt, Zitronen


Zutaten für 1700g Holunderbeeren 

  • 1700g Holunderbeeren (netto)
  • 850g Zwetschken (netto)
  • 500g Gelierzucker 3:1
  • 85ml Zitronensaft
  • 2 Zimtschoten
  • Zesten von einer Bio-Zitrone
  • 2 Vanilleschoten

Original-Rezept aus Servus



      Zubereitung

      1) Twist-Off-Gläser und passende Deckel in kochendem Wasser sterilisieren und auf Geschirrtüchern trocknen lassen.

      2) Holunderdolden waschen, reife Beeren auslösen. Naturgemäß kommen auch grüne mit hinein, 
      wenn möglich lassen wir sie draußen. Übrig bleiben sollten 1700g. Ansonsten kann man das Rezept ja einfach linear umrechnen.


      Umrechnungstabelle spontan




      3) 1kg Zwetschken halbieren, es werden durch Entkernung daraus ca 850g. Die Zwetschken in ca 1 cm große Stücke schneiden.

      4) Vanilleschoten auskratzen. Die verbleibende Schoten kommt zerkleinert in das Glas mit Zucker, in dem wir unseren selbstgemachten Vanillezucker züchten. Die Vanille kommt zum Obst.

      5) Dazu die Zitrone und den Zimt, dann alles ohne weitere Flüssigkeiten vorsichtig aufkochen lassen. Nach ca. 5 Minuten vorsichtigen Köchelns Gelierzucker und Zesten dazu, nach Angabe des Gelierzucker-Herstellers weiterköcheln. Zimtstangen rausnehmen.

      6) Die Gläser auf feuchtes Geschirrtuch stellen und die Masse durch einen Trichter einfüllen.
      Gläser verschließen und umdrehen. Dass sich so das  erwünschte Vakuum verlässlicher einstellt als ohne diese Prozedur, ist wahrscheinlich Aberglaube, aber macht Spaß!







      24.08.2022

      Paella

      Die klassische Paella aus der Region Valencia kennt kein Meeresgetier, kommt stattdessen mit Kaninchenfleisch und Schnecken daher.  Klassische Beigabe sind flache grüne Bohnen und dicke weiße Garrafón-Bohnen. 

      Andere Regionen - andere Beilagen: In Katalonien verzichtet man auf Safran. Wir sicher nicht! Von dort stammt die Zugabe der Artischocken in die anfänglich einzuköchelnde Gemüsebasis, das Sofrito.

      Meine Variante, die ich gerne zu Neujahr serviere, ist anfangs nichts anderes gewesen als ein Resteessen - was vom Fondue des Silvesterabends übrig blieb, wurde mit Rundkornreis in die Paellera und dann in den Ofen gegeben. 

      Inzwischen ist die Technik verfeinert, das Backrohr wird nicht mehr genutzt, auch kein Deckel, weil wir am Gasherd ohnedies recht schön das klassische Garen auf einem Grill simulieren können. 



      Paella - ein Männeressen? Foto aus der der "authentischen" Paelle gewidmeten Website wikipaella


      Inzwischen ist auch "Bomba" der Reis der Wahl. Der saugt ordentlich viel Fond auf, aber klebt nicht - man rechnet auf eine Tasse Reis 4 Tassen Flüssigkeit. Man nehme nicht zu viel Reis, sondern soviel, dass die Pfanne nur mit einer Lage Körner bedeckt ist.

      Die Paella darf zum Schluss nicht aussehen wie im Spanien-Urlaub - und nicht wie Risotto! Sondern notwendig ist, dass sich am Rand und am Boden der Paella eine Kruste bildet, die Soccarat

      Das wird durch das Nicht-Rühren und die hohe Temperatur, mit der die Reismasse angebraten wird, erreicht! Landsleute sagen: "Erst wenn es angebrannt riecht, ist die Paella fertig."



      Soccarat


      So heilig die Zubereitung von Sofrito und Soccarat ist, so experimentell darf man bei den Zugaben sein.

      Ich mag die Kombination von Meeresgetier und Hähnchen. Muss aber nicht sein! Wie gesagt, lässt sich alles auf die Paella bringen, da ist sie für mich so etwas wie eine spanische Pizza. Eine gewisse Grundorientierung macht aber Sinn, um dementsprechend den Fond, den wir in großem Ausmaß nutzen, auszuwählen: Hähnchenfond geht immer, wenn man sich auf Meeresgetier kapriziert, dann ist natürlich Fond aus Fischkarkassen, Garnelenköpfen und -schalen und dem Sud, in dem man Muscheln dünstete, treffsicherer. 


      Zutaten für eine 40 cm breite Paellera

      • (Ausgelöste) Oberkeulen eines Bio-Hähnchens (klassisch: Kaninchenfleisch)
      • 3 Tafeln Seelachs-Filet oder Kabeljau tiefgefroren, in Würfel geschnitten
      • ggf. Muscheln
      • ggf. Schnecken(leber?), z. B. vom Gugumuck
      • Shrimps
      • Artischockenherzen, original aus dem Glas - ich mag es lieber frisch gegart, dann ist das nicht so säuerlich
      • grüne flache Bohnen ("Schwertbohnen"), ersatzweise TK-Erbsen
      • wenn erhältlich: Garrafón-Bohnen
      • uU Chorizo
      • jeweils 1 Paprika, rot und grün, gewürfelt
      • 1 große Zwiebel, grob gewürfelt
      • 1 Knoblauchzehe
      • 2 Tomaten, gehackt
      • 1l Geflügel- oder Meeresgetierfond
      • 1 Lorbeerblatt, ein paar Zweige Thymian
      • Safran (zuerst im Ofen anwärmen, dann mit etwas Brühe verrühren und zugeben - Genaueres zur Präparation des Safrans bei unserem Blog über Rouille)
      • 300 g Arroz Bomba, z. B. von Don Fredo in Gerersdorf oder Colono auf der Landstraßer Hauptstraße
      • 1,5 l Brühe (Rind)


      Hähnchenkeule und Zutaten für das Sofrito


        Zubereitung

        0) Sollten getrocknete Bohnen verwendet werden, am Vortag einweichen und nach Gebrauchsanweisung weich kochen.

        1) Großzügigst Olivenöl in die heiße Pfanne geben, dazu eine zerdrückte große Knoblauchzehe, ein Paar Thymianzweige und die gewürfelte Zwiebel. Leicht Farbe nehmen lassen, dann die Paprika hinein, ca. zwei Minuten weiterbraten. Dann Tomaten zugeben, salzen, pfeffern. 

        2) Ca 3 Minuten einköcheln lassen, dann 5 Artischockenherzen dazu, ggf. grüne Bohnen und weiterdünsten.


        Sofrito auf dem Weg



        3) Etwas Weißwein dazu, die Gemüse-Tomatenmasse solange einkochen, bis sie eher trocken ist. Thymian entfernen und das Übrige in eine Schüssel gießen: das Produkt heißt sofrito oder sofregit.

        4) Paellera auswischen, wieder Olivenöl anwärmen, ungeschälten, zerquetschten Knoblauch in derselben Pfanne mit Thymianzweigen aufwärmen, um das Öl zu aromatisieren. Beides rausholen, bevor der Knofel braun wird und darin die gesalzene Hähnchenkeulenteile von beiden Seiten ca. 2 Minuten anbraten.


        Hähnchen in der Paellera


        5) Dann – ggf. Chorizo-Stücke zugeben und – 1 Minute scharf anbraten.

        6) In diesem Kontext Fleischbestandteile vom Vortag (Rinderfilet?), falls vorhanden, darin – immer gut gesalzen – anbraten und würzen. Alles aus der Pfanne rausnehmen.

        7) Verbrauchtes Öl aus der die ausgießen, sofregit dazugeben, erhitzen und 300g Reis hinein (klassisch wird er in Form eines Kreuzes über die Masse gestreut, ich bevorzuge Hammer und Sichel!). Erst etwas angaren, dann 700 ml heißen Fond (anders als beim Risotto, wo man die Flüssigkeit "schöpferweise" dazugibt!) in einem Guss dazu. Einmal aufkochen lassen. 

        8) Chorizo dazu, alles auf der Flamme des Gasherdes oder Grills auf mittlerer Hitze 10 Minuten garen. Camorra & Cavish betonen, dass die Pfanne dabei auf dem Feuer absolut waagrecht zu stehen habe, "damit sich die Flüssigkeit verteilt und der Reis gleichmäßig gart. Manche sollen schon die Wasserwaage herausgeholt haben - keine schlechte ldee, wenn Sie eine haben" (S. 302). Hühnerfleisch beigeben.

        9) Dann nochmals 300 ml heißen Fond dazu, vorbereiteten Safran dazugeben. vorsichtig noch einmal durchrühren. Gegarte Carrafón oder TK-Erbsen dazu, ab und zu rühren. 

        10) Gesalzene und  gepfefferte rohe Fischstücke oben auf die Paella legen, dort 10 Minuten dünsten lassen. 

        11) Weiter auf hoher Flamme auf der großen Platte garen lassen. Wenn die Flüssigkeit weitgehend aufgesaugt ist, nicht mehr rühren!

        12) Derweil Shrimps in knofliertem Olivenöl anbraten, innen noch roh lassen. 

        13) Inzwischen Muscheln in einem geschlossenen Topf mit etwas Sherry dünsten, bis sie gerade geöffnet sind.

        14) Wenn es angebrannt riecht, ist das Soccarat am Punkt. 

        15) Zuletzt Muscheln / Schnecken in etwas Sud aufwärmen, Shrimps aus dem heißen Olivenöl drüber und (mit Petersilie bestreut) servieren.

        16) Herd ausstellen und Paella nicht "sacken lassen" -sonst löst sich das Soccarat wieder auf.