24.03.2024

Dicke Bohnen satt!

"Heute gibt's Dicke Bohnen satt!", war so ein Schlachtruf von Oma Lisbeth, der mir irgendwo in den Tiefen des Gedächtnisses hängen geblieben ist. Dessen Sinn und Herkunft kann ich allerdings nicht entschließen.

Jedenfalls geht es um Dicke Bohnen, despektierlich auch "Saubohnen" gescholten, die man aufwändig "pulen" musste und die dann als "Dicke Bohnen mit Speck" serviert worden sind, aber mit ihrem haselnussigen Aroma unvergleichlich besser munden als alles, was sonst als Bohne serviert wird.



Von 1 kg Bohnen bleiben nach dem Pulen noch 250g zum Verarbeiten

Mutti hat die Bohnen verlässlich mit deren Außenhaut zuTisch gebracht - diese ist recht zäh, was dem Produkt friesenseits auch den Namen "Lederne Jungs" eingebracht haben dürfte. Auch in Sizilien macht man das so, da heißt die Zubereitung dann Fave a coniglio (nach Kanickelart). 

Letztlich waren "Puffbohnen"Arme-Leute-Küche. Puffbohnen nannte man sie übrigens wohl deshalb, weil eine Zubereitungsart ist, sie nach dem Häuten 5 Minuten bis zum Aufblähen zu frittieren...

In der feinen Küche pult man die Pulbohne noch ein zweites Mal - nämlich man kletzelt die Lederhaut vor (mühsam) oder nach dem Kochen (leichter) ab. In Frankreich zum Beispiel, wo sie dann Fèves heißen.

Dicke Bohnen gibt es bei uns frisch ab Anfang April z. B. am Viktor-Adler-Markt. Da heißen sie dann Bakla. In kurdischen Geschäften finden sie sich auch getrocknet.


Zutaten 

  • 1 kg Dicke Bohnen - ergibt am Ende ohne Lederhaut ca. 175g


    Zubereitung

    1) Schoten knacken und Bohnen (in der Regel sind da fünf Stück drin) rausklamüsern. Einige schälen den Samen dann roh (Abb. unten rechts). Wir nicht.

    2) Wir schneiden die Lederhaut knapp am dicken Ende, quer zum sog. Nabel (Hilum), ein



    Pulen die Zweite: der Entlederungsprozess - re.: die rohe Bohne enthäutet; li.: die rohe Bohne angeschnitten, überbrüht und ausgedrückt

    3) In kochendes Salz-Wasser geben, nach höchstens 2 Minuten abschrecken

    4) Samen zärtlich, aber bestimmt aus der Hülse herausdrücken

    5) In kochendes Salz-Wasser geben, nach höchstens 2 Minuten abschrecken

    4) Samen zärtlich, aber bestimmt aus der Hülse herausdrücken




    Wenn wir die Lederhaut nicht abziehen, finde ich resches Anbraten in brauner Butter oder Olivenöl fein. 

    Nach all der Mühe beim Zweitpulen allerdings wäre es sündhaft, den feinen Spätfrühlingsgeschmack der sorgsam von ihrem Umfeld ausgelösten Dicken Bohne mit Speck oder anderlei Gewürz zu übertünchen. Einfach noch mal in Butter schwenken, (vielleicht mit etwas Zitronenzesten säuern) und als kleine Beilage oder auf geröstetem Brot als "Bruschetta" servieren. 

    Satt werden wir davon allerdings nicht!

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    Tagliatelle mit Püree aus getrockneten, geschälten Dicken Bohnen und wildem Fenchel. In Vicka Bennison. Pasta Traditzionale, S. 103

    Penne con prosciutto e fave. In: Ria Lottermoser. Mille Sughi, S. 204

    Spaghetti con fave fresche (leider auch mit Speck)In: Ria Lottermoser. Mille Sughi, S. 160

    Tagliatelle con fave grosse e indivia belga (Zwiebeln, Chicorée, Bohnen und Petersilie in Butter-Crème double-Parmesan, Salz, Pfeffer)In: Ria Lottermoser. Mille Sughi, S. 96

    Lederne Jungs. In: Heinrich Stern. Köstliches aus der niedersächsischen Küche, S. 37

    Große Bohnen mit Speck. In: Renate Meier. Köstliches aus der alten friesischen Küche, S. 80f

    Légumes Provencaux à l'Anchoiade (mit Artischocken, Blumenkohl, Fenchel und anderen Frühlingsgemüsen und Sardellen-Dip) In: Michel Roux. Meine französischen Küchenschätze, S. 42

    Dicke Bohnen und iberischer Schinken auf geronnenem Idiazábal. In: John Radford & Mario Sandoval. Spaniens Küche - Spaniens Weine, S. 162 f

    Suppe von Dicken Bohnen und Blattzichorie. In: Lorenza de Medici. Lorenzas Italienische Feste, S. 29
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    17.03.2024

    Roulade

    Als Heinzi, unser Vater, schon allein im Haus am Wilkenweg lebte und wir zu Besuch kamen, machte er uns am liebsten Rindsrouladen. Die waren dank der langen Schmorzeit immer butterweich. Die Soße wurde - entsprechend der damaligen Gewohnheiten - aus Knorrs Soßenpulver gezogen. Immer noch mag ich diesen Geschmack und versuche ihn mit naturidentischen Ingredenzien zu simulieren.


    Zutaten  

    • 1,5kg Rinder-Rouladenfleisch. z. B. aus der Oberschale
    • 4 Karotten, in Streifen geschnitten
    • 3 Essigkurken, ebenso
    • 4 kleine Zwiebeln, in Scheiben geschnitten
    • ín gleicher Menge Stäbchen aus Knollen- oder Bleichsellerie
    • Guanciale, d. i. luftgetrocknete Schweinebacke - oder bei Vattern: weißer Speck, in dünne Scheiben geschnitten
    • Dijon-Senf
    • Mehlige Kartoffeln - so viele, dass sich am Ende daraus gepresst 450g Masse ergeben (ca 600g)
    • Tomatenmark
    • 1/2 Rotwein, z. B. Côtes du Rhône
    • 1 l Rinderbrühe 
    • Lorbeerblatt
    • 4 Karotten in ca. 1cm dicke Stücke geschnitten
    • 1 Stange Lauch, in ca 2cm dicke Stücke geschnitten

      Zubereitung

      1) Fleisch in entsprechende "Schnitzel" schneiden, anschließend plattieren.



      Schmetterlingsschnitt für Rindsroulade


      2) Innen und außen salzen, innen mit Dijon-Senf ausstreichen.




      3) Ausgehend von der breiteren Seite des Schnitzels mit Guanciale, den Zwiebelscheibchen, dann Streifen von Möhrchen, Essiggurke und Sellerie belegen.




      4) Zusammenrollen und mit einem ca. 1/2 m langen Band verschnüren. Mehlieren!



      5) In einem Bräter Sonnenblumenöl erhitzen. Darin die Rouladen von beiden Seiten scharf anbraten.
      Nicht wenden, bevor sie von sich aus vom Boden lösen. Damit das leichter geht, den Bräter ab und zu schwenken. Wenn sich so die Roulade schwenken lässt, drehen und ebenso scharf anbraten.

      6) Inzwischen Möhrchen- und Lauchstücke schneiden 

      7) Rouladen aus dem Bräter nehmen, Öl ausschütten und ggf. durch frisches Olivenöl ersetzen

      8) Gemüse eingeben, anrösten. Dann Tomatenmark einrühren und nach und nach mit Wein aufgießen.

      9) Rouladen wieder hinein geben. Brühe dazu. Lorbeerblatt und alles, was einem sonst noch dazu gefallen würde. Die Rouladen sollten zur Hälfte in Flüssigkeit liegen. Aufkochen.

      21.01.2024

      "Hattet ihr heute Pfannkuchen?"

      Wenn es zuhause Apfel-Pfannkuchen gab, haben die Kinder in der Nachbarschaft das immer an der blauen Zunge und den blauen Zähnen erkennen können. Die stammten von den "Blaubeeren" aus dem Glas, die pflichtgemäß dazu gehörten. 





      Hier ein einfaches Rezept. Fluffiger wird das Produkt, wenn man von einem der beiden Eier Dotter und Eiweiß trennt und Letzteres zu Eischnee schlägt, den man dann kurz vor dem Backen vorsichtig unterhebt. Aber so geht es auch. Und so hat Mutti es - glaub ich - zuhause gemacht.


      Zutaten 

      • 2 Eier
      • 150ml Milch
      • 110g Mehl (griffig)
      • 1 TL Backpulver
      • 2 EL Zucker
      • Vanillierter Zucker
      • Boskop-Äpfel
      • Butter
      • etwas Salz
      • Puderzucker
      • als Beilage Heidelbeeren aus dem Glas oder Zwetschgenröster


        Zubereitung

        1) Eier mixen, Mehl und Backpulver portionsweise zugeben und rühren

        2) Milch zugeben, dann Zucker, Vanillierter Zucker und die Prise Salz

        3) Glatt rühren, es sollten keine Klümpchen vorhanden sein.

        4) Ca. eine halbe Stunde ruhen lassen

        5) Apfel schälen und in Spalten schneiden

        6) Butter in einer Crepes-Pfanne schmelzen, Teig bei kleiner Hitze (mittlere Flamme, nicht die große!) hineingeben.

        7) Apfelpalten kreisförmig in den Teig einlegen und backen, evtl. in den warmen Backofen geben

        8) Wenn der Teig auch in der Mitte fest genug ist, wenden (Obacht! Der Teig kann sehr schnell schwarz werden, also mit dem Wenden nicht zu lange warten!)

        9) Andere Seite mit den Äpfeln unten noch etwas anbacken lassen, auf einen Teller stürzen und mit Puderzucker bestreuen

        Aus: "Flaschenpost von Felix" (Annette Langen & Constanza Droop)


        01.01.2024

        Gurken-Relish

        Früher gab es zum Silvester-Fondue immer Gurken-Relish aus dem Thomy-Soßen-Repertoire. Ist in Wien nicht erhältlich. War wie alles in der Kategorie hoffnungslos übersüßt. Also selbst machen!

        Ich greife auf ein französisches Rezept aus meinem Lieblings-Saucen-Buch von Michel Roux zurück: Concombre mariné au vinaigre. Roux schneidet das Gemüse jeweils in feine Ringe, im Kuner-Relish war alles gewürfelt. Der Franzose nimmt keinen Ingwer, wir schon. Das Kurkuma kommt von ihm, seine "Prise Nelkenpulver" lasse ich weg. Wer es in Richtung der nordischen Küche mag, nimmt Dill hinzu.



        Vor dem Marinieren...


        Zutaten  

        • 1 Salatgurke
        • 2 kleine Zwiebeln
        • 1 Tüte Snack-Paprika
        • 1 rote Chilischote, alternativ Pul Biber
        • 2 cm Ingwer
        • 1 TL Salz
        • 250ml Apfel- oder Weißweinessig
        • 100ml Aceto Balsamico (dadurch wird das Produkt allerdings sehr dunkel bräunlich! Wer es durchsichtig haben will, wird wohl weißen Balsamico oder einfach mehr Weißweinessig, dann aber auch etwas mehr Zucker, nehmen müssen!)
        • 60g Rohrzucker. Sollte man das Relish konservieren wollen, wird vermutlich mehr Zucker notwendig sein. In unserer Menge, die bald verbraucht sein wird, ist das sicher genug.
        • 1 EL braune Senfkörner (6g) - ich schlage vor, sie zu poppen. Roux tut das nicht, dann ploppt es dann zwischen den Zähnen: auch schön!
        • 1/2 TL Fenchelsamen (2g), wer Fenchel nicht so liebt wie ich, sollte es bei 1g belassen.
        • 1 gehäufter TL Kurkuma


          Zubereitung

          1) Paprikas mit dem Sparschäler schälen, teilen, Innenrippen abtrennen und in Würfelchen (Kantenlänge 4mm) schneiden. Gleiches gilt für die Chilischote
           
          2) Gurke längs halbieren, mit einem Teelöffel Samen auslösen, in gleichgroße Würfel schneiden

          3) Ingwer schälen und ganz fein würfeln

          4) Zwiebeln ebenfalls in Würfel der Größe der Paprika schneiden

          5) Alles im 1 TL Meersalz in einer Porzellanschüssel verrühren und ruhen lassen (insgesamt 2 Stunden)

          6) Senfkörner in einer unbeschichteten Pfanne aufpoppen lassen

          7) Nach ca anderthalb Stunden die Zutaten für den Sirup aufkochen. Es riecht dann penetrant nach Essig.

          8) Bei schwächster Hitze ohne Deckel simmern lassen (ca. 25 Minuten) "bis der Sirup so dickflüssig ist, dass er an einem eingetauchten Holzlöffel haftenbleibt und eine deutliche Spur zu sehen ist, wenn man mit dem Finger über den Löffel fährt" (S. 75)

          9) Das eingelegte Gemüse in ein Sieb geben, pressen, damit möglichst viel Saft austritt

          10) Gemüse aus dem Sieb zum Sirup geben und nochmal ca 45 Minuten - nun mit Deckel - simmern lassen. Immer mal wieder umrühren, dass nichts anbrennt. Abschmecken (z. B. mit Chilipulver, Pul-Biber)

          11) Noch heiß in sterilisierte Gläser füllen, sofort verschließen - und abkühlen lassen. Diese Zutatenliste ergibt knapp zwei Handvoll Relish. Wer einwecken will, sollte die Mengen dementsprechend anpassen. 

          Roux empfiehlt die Soße zu Fisch-Galantinen, -Terrinen und Gravad Lax. Ich finde sie - wie gesagt - zum Fonduefleisch lecker. In (vegane) Hot Dogs passt sie prima, für Vegetarier ist es eine schöne Beigabe zur Käseplatte.


          Literatur

          Roux, Michel (1996). Saucen - die Quintessenz der feinen Küche. München: Christian Verlag