07.11.2020

Hellis Klütten

Lasst es 25, vielleicht 30 Jahre her sein. Aus irgendwelchen Gründen war ich mit meinem Freund Peter Hrasdin, dem "Taxifahrer", in seinem nach Tannenwald duftenden Benz unangeschnallt im Waldviertel unterwegs. Pausieren bei einer seiner Bekannten. Soweit die Erinnerung, etwas blass.

Vermutlich waren wir auf dem Weg nach Kleinhaugsdorf, wo wir im Excalibur-Zonengrenz-Gelände billig aßen, Gocart fuhren und auf dem Heimweg hoch konspirativ im Kofferraum Johnny Walker und Stangen von filterlosen Marlboro und Smart zollfrei über die Grenze schmuggelten. Inzwischen alles verjährt.

Jedenfalls - auf dem Weg in dieses Abenteuer aßen wir Kartoffelknödel, bei Helli, im Freien. Und die sind mir seitdem als die "besten überhaupt" unvergesslich.

Gewohnt war ich Pfanni-Klöße aus dem Päckchen, mit Wasser angerührt - so wurden Klöße bei uns in Oldenburg gemacht. Helli aber, Peters Bekannte, gab mir ihr Rezept, das ich seitdem voller Dankbarkeit archiviere. Aber das Nachkochen ist mir nie so wirklich gelungen!

Entweder sie hat in ihrer Handschrift auf etwas vergessen oder ich habe bislang keine "Erdäpfel" gefunden, die die Qualität der ihrigen, von einem Bauer aus der Nachbarschaft, erreicht hätten.

Malerei auf Holz in der Bauernstube des Hotels Hochschneeberg, NÖ: Mutti bringt reichlich Knödel

Wie also gehen Kartoffelklöße? Wer - wie Eva Maria Lipp in ihrem Buch "Richtig gute Knödel" (2016) - als ersten Hinweis den Tipp "Verwenden Sie als Bindemittel Eier" (S. 12) auswirft, hat von vornherein ausgeschissen. Davon hat Helli nichts geschrieben!

Es geht um die Balance von Pellkartoffeln, die - wann genau? abgekühlt? abgeschreckt? vor dem Pellen ausgedämpft?- nach dem Pellen - sofort? oder nach dem Abkühlen? - zerdrückt und vermengt werden müssen, um Grieß und evtl. Kartoffelstärke zur Bindung. Rastzeiten dürften ganz wichtig sein und sanftes Garen.

Dünsten in einem Sieb über kochendem Wasser als Garmethode klingt verführerisch, daraus resultieren aber platte Klöße. Klöße sollen aber rund sein. Richtig runde Kugeln. Die Gefahr beim Kochen in siedendem Wasser hingegen ist, dass sich der geplant kugelrunde Kloß ungünstigenfalls in seine molekularen Bestandteile auflöst.

Maggi und Knorr lösen das Problem, indem sie ihre Kloß-Trockenmasse in kleine Netze geben, die diese beim Sieden zusammenhalten. Muss man dann aufschneiden. 

Klar ist jedenfalls, dass man mehlige Kartoffeln verwendet. Mehligkochende Kartoffelsorten, liest man, beinhalten 25% mehr und andere Stärke (Amylosemoleküle) als festkochende (Amylopektin). Beim Garen absorbieren die Stärkezellen viel Wasser, was zur typischen luftig-weichen Konsistenz führen soll, die wir anstreben. Soweit der Klugscheißerbeitrag! 

Mehligkochende Kartoffeln also! Kein Ei!

Hier der Versuch nach Hellis Rezept...


Zutaten (in Klammern: kleinere Portion)

  • 1kg mehlige Erdäpfel (600g)
  • 120g Grieß ("Goldgries") aus Hartweizen (72g Weizengrieß Typ 480)
  • 80g Kartoffelstärkemehl (48g)
  • Salz, Muskat

    Zubereitung

    • 1 kg mehlige Erdäpfel mit Schale in Salzwasser  25 - 30 Minuten kochen, Wasser abgießen, Kartoffeln abschrecken, wieder in den Topf geben und mit Deckel drauf ca 5 Minuten ausdünsten lassen. 
    • Schälen und noch warm pressen. 

    • Etwas abkühlen lassen, salzen, muskatieren, mit Kartoffelstärkemehl und Grieß gründlich verkneten. Die Hände werden dabei ziemlich klebrig - und das wird beim Formen der Klütten nicht besser. 

    • Klütten (ich mag einen Durchmesser von ca 4 cm) formen, Hände waschen, bedeckt 60 Minuten rasten lassen.
    • Klütten in sanft siedendes Salzwasser einlegen und offen ca 20 Min ziehen lassen. Das Wasser darf nicht kochen! Die Klöße sind übrigens nicht (!) fertig, wenn sie - nach ca 10 Minuten - an der Wasseroberfläche schwimmen, sondern dann innen noch klebrig. Sie benötigen tatsächlich die 20 Minuten - aber in sanft siedendem Wasser
    • Vorsichtig mit einem Schaumlöffel aus dem Wasser heben, auf ein Küchentuch geben und 5 Minuten rasten lassen.

    Und in Oldenburg? Zum Abendbrot wurden die Klöße in Scheiben geschnitten und scharf angebraten mit Ketchup gegessen.

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